Es war in Berlin by Gabriele Beyerlein
Autor:Gabriele Beyerlein [Beyerlein, Gabriele]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks
veröffentlicht: 2015-05-18T16:00:00+00:00
12
»Die Räuber, ein Schauspiel in fünf Akten, Die Verschwörung des Fiesco zu Genua, ein republikanisches Trauerspiel in fünf Aufzügen, Kabale und Liebe, ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen«, haspelte Julia den Prüfungsstoff für das Fach Literatur herunter, während Margarethe im Heft verfolgte, ob die Schillerschen Dramen in der richtigen Reihenfolge wiedergegeben wurden, »Don Carlos, Infant von Spanien, ein dramatisches Gedicht in fünf …«
Draußen ging der Türklopfer. Margarethe horchte auf, verfolgte, wie das Dienstmädchen mit wenigen Schritten den kleinen Flur durchquerte und die Tür öffnete. Ihr Puls beschleunigte sich.
»Zerfallend in Wallensteins Lager, Die Piccolomini und Wallensteins Tod«, fuhr Julia unbeirrt fort, um dann doch den Kopf zur Tür zu drehen: »Ob er das sein mag?« Kurz trafen sich ihre Blicke.
Margarethe hatte der Freundin nicht gebeichtet, warum sie mit so großem Gepäck zu ihr gekommen war, hatte ihr nichts von ihrem im Stillen gefassten Entschluss erzählt – zu groß war die Scheu gewesen, die Freundin in ein Vorhaben zu ziehen, das in den Augen der Gesellschaft als unerhörtes Vergehen gelten musste. Wenn die Eltern von dem Skandal erfuhren, dass ihre Tochter zu einem sozialistischen Dichter durchgebrannt war, wenn die Damen der Gesellschaft sich entrüsteten, wenn der Stab über das Verhalten der Baronesse von Zug gebrochen würde, dann sollte Julia von Aubach guten Gewissens sagen können, sie sei in Margarethes Pläne nicht eingeweiht gewesen, sie habe von alldem nichts gewusst. Wenn es denn wirklich so weit kam.
Sie hatte Julia gegenüber lediglich in beiläufigem Ton erwähnt, dass sie Johann eine kurze Nachricht geschrieben und ihm ihren Aufenthaltsort mitgeteilt habe. Julia hatte das mit einem raschen Blick und kurzen Heben der Augenbrauen quittiert und ansonsten mit Stillschweigen übergangen, einem so vollkommenen Stillschweigen, dass Margarethe sich schon zu fragen begonnen hatte, ob Julia die Mitteilung in all ihrer Tragweite überhaupt zur Kenntnis genommen hatte. Diese Bemerkung Julias nun und vor allem der Blick ließen keinen Zweifel mehr daran.
Auf einmal wünschte Margarethe, sie hätte die Freundin in alles eingeweiht.
Martha, das Mädchen, kam herein und blieb zögerlich an der Tür stehen. »Da ist ein fremder Herr draußen«, sagte sie und ihr Ton verriet, dass ihr das Erscheinen dieses Herrn mehr als suspekt erschien, »der seine Aufwartung machen möchte. Ein Herr Nietnagel. Soll ich sagen, dass Sie keine Zeit haben, gnädiges Fräulein?«
»Nein. Ich lasse bitten«, erwiderte Julia kühl.
Wie oft hatte Margarethe sich den Augenblick ausgemalt, wenn sie Johann endlich wieder gegenüberstehen würde – unzählige Male in den letzten Tagen und Nächten. In ihrer Vorstellung waren sie dabei immer allein gewesen. Nun war es ganz anders.
Eiskalt waren ihre Hände. Sie presste sie im Schoß zusammen, um ihr Zittern zu verbergen.
Auch Johann schien gehemmt. Er sah sie nicht an, als er eintrat, verneigte sich umständlich vor Julia, trug ihr in beinahe gestelzten Worten seine besten Wünsche für das neue Jahr vor. Dann endlich wandte er sich zu ihr und neigte sich über ihre Hand. Seine Stimme war nicht so voll und warm wie sonst, sondern merkwürdig farblos.
Julia war es, die mühsam eine Konversation in Gang brachte, während Johann einsilbig auf der vordersten Kante seines Stuhles balancierte und Margarethe völlig die Worte fehlten.
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