Entwicklungspsychologie (utb basics 3287) by Werner Wicki
Autor:Werner Wicki [Wicki, Werner]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: UTB GmbH
veröffentlicht: 2015-10-27T23:00:00+00:00
4.4.2 | Entwicklung der Geschlechtsidentität
Ähnlich wie die Entwicklung des Selbst beginnt auch die Entwicklung der Geschlechtsidentität nicht erst in der Kindheit. Die frühen Kategorisierungsprozesse (→ Kap. 3.1.2) beziehen sich u.a. auch auf das Geschlecht: 3 Monate alte Kinder unterscheiden männliche und weibliche Stimmen; mit 9–12 Monaten unterscheiden sie auch männliche und weibliche Gesichter. Mit 2 Jahren teilen Kinder Gegenstände ein in solche, die eher zu Jungen, und solche, die eher zu Mädchen passen. Die eigene Geschlechtszugehörigkeit wird mit 2.5 bis 3 Jahren zuverlässig erkannt (Trautner 2008).
Geschlechtskonstanz
Aber erst im Alter von ca. 7 Jahren entdecken Kinder die genitale Grundlage des Geschlechts, was die Geschlechtskonstanz entscheidend festigt und damit die Erkenntnis, dass ein Mädchen ein Mädchen und ein Junge ein Junge bleibt (Trautner 2008).
Bildung der Geschlechterstereotypen
Mit 4 bis 6 Jahren werden die Geschlechterkategorien noch bedeutsamer: Das Kind ordnet immer mehr Tätigkeiten, Gegenstände und Eigenschaften dem eigenen oder anderen Geschlecht zu. Es neigt auch dazu, die „guten“ Attribute dem eigenen Geschlecht zuzuschreiben, „schlechte“ Attribute eher dem anderen. Einhergehend mit der zunehmenden Rigidität der stereotypen Einstellungen und Präferenzen, bevorzugt das Vorschulkind immer stärker geschlechtshomogene Gruppen, was dazu beiträgt, dass sich in Jungen- und Mädchengruppen je eigene Spielkulturen entwickeln. Diese Kulturen unterscheiden sich u.a. dadurch, dass Jungen ausgeprägtere Dominanzhierarchien aufbauen als Mädchen (Trautner 2008).
Auflockerung der Stereotypen
Schließlich lockern sich die Geschlechterstereotypen im Verlauf der Primarschulzeit und gegen Beginn der Adoleszenz allmählich etwas auf, was ggf. durch das Rollenvorbild älterer Geschwister verstärkt wird (McHale et al. 2002). Insgesamt bleibt aber – zumindest in den westlichen Kulturen – die Geschlechtertrennung in diesem Alter erhalten.
Bei Jungen hat man sogar etwa ab dem 10. Lebensjahr einen noch verstärkten Trend zu typisch männlichen Freizeitbeschäftigungen gefunden – im Gegensatz zu den gleichaltrigen Mädchen, bei denen man eine zunehmende Differenzierung und damit Auflockerung der stereotypen Freizeitbeschäftigungen fand (McHale et al. 2002).
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