Enneaden by Plotin

Enneaden by Plotin

Autor:Plotin [Plotin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00


Sechstes Buch.

Uebersinnliche Wahrnehmung und Gedächtniss

1. Wenn wir sagen, dass die sinnliche Wahrnehmungen nicht als Abformungen oder als Eindrücke in der Seele entstehen, werden wir folgerichtig auch von den Erinnerungen durchaus nicht sagen, dass sie ein Festhalten des Gelernten und Wahrgenommenen seien, dergestalt dass der Abdruck in der Seele bleibe; dieser hatte ja auch ursprünglich nicht statt. Deshalb ergiebt sich beides aus einem und demselben Salze: entweder findet ein Abdruck statt und er bleibt in der Erinnerung, oder wenn man eins von beiden nicht zugiebt, muss man auch das andere in Abrede stellen. Wir, die wir nun[98] keins von beiden zugeben, werden nothwendig untersuchen, auf welche Weise jedes von beiden geschieht, da wir weder sagen, dass ein Abdruck von dem sinnlich wahrnehmbaren Gegenstand in der Seele statthabe und sie forme, noch zugeben, dass das Gedächtniss darin bestehe dass der Abdruck bleibt. Wenn wir bei dem deutlichsten Sinne den Vorgang und das Ergebniss betrachten, so werden wir mit Uebertragung desselben auch bei den andern Sinnen das Gesuchte finden. Nun ist es doch wohl überall klar, dass wenn wir irgend etwas durch das Auge wahrnehmen, wir da sehen und das Gesicht hinwenden, wo der sichtbare Gegenstand direct vor uns liegt, in der Vorstellung dass dort die Auffassung vor sich gebt und die Seele auf ein Object ausserhalb blickt, gerade weil, wie ich glaube, kein Abdruck in ihr stattgefunden hat oder stattfindet, etwa wie der Abdruck eines Siegelrings im Wachs. Denn sie brauchte durchaus nicht nach aussen zu blicken, wenn sie bereits in sich eine Form des gesehenen Gegenstand hätte und eben dadurch, dass der Abdruck in sie hineingekommen, sähe. Da ferner die Seele einen Zwischenraum zwischen sich und dem Gesehenen annimmt und angiebt, in welcher Entfernung der Anblick stattfindet, wie konnte sie, was in ihr ist und garnicht von ihr fern als ein Fernes sehen? Und wie könnte sie die Grösse des ausserhalb Befindlichen und dass es gross ist aussagen, z.B. des Himmels, da der Abdruck in ihr so gross nicht sein kann? Was aber am meisten von allem bedeutet: wenn wir nämlich Abdrücke von den Dingen, die wir sehen, empfangen, so werden wir nicht die Dinge selbst erblicken, sondern Bilder und Schalten der gesehenen, so dass die Dinge selbst etwas anderes sind als was wir sehen. Ueberhaupt aber, wenn es wie man sagt nicht möglich ist zu sehen, wenn man den Gegenstand auf die Pupille gelegt hat, sondern ihn entfernen muss und so erst sehen kann, so muss man dies in viel höherem Maasse auf die Seele übertragen. Denn falls wir den Abdruck des sichtbaren Gegenstandes in sie hineinlegten, so würde sie jenen Gegenstand, durch den sie den Abdruck erhält, nicht sehen; denn es müssen immer zwei Dinge da sein, das Sehende und das Gesehene. Ein anderes muss also das Sehende sein und das Bild an einem andern Orte sehen, aber nicht da wo es seihst ist. Es muss also das Sehen nicht auf ein in der Seele Liegendes, sondern auf ein nicht in ihr Liegendes gehen, damit es ein Sehen sei.

2.



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