Eine kurze Geschichte von sieben Morden by James Marlon

Eine kurze Geschichte von sieben Morden by James Marlon

Autor:James, Marlon [James, Marlon]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne HC
veröffentlicht: 2016-03-14T23:00:00+00:00


Alex Pierce

Do it light, do it through the night. Das muss doch funktionieren. Denk nicht länger an diesen gottverdammten Song. Wenn du nicht damit aufhörst, wirst du dich irgendwann bewegen, rumzappeln oder – ich weiß es nicht, ich weiß es zum Verrecken nicht – irgendwas, und dadurch wird er’s merken und du wirst als verdammter Kreideumriss enden, Baby, Tatort, und nur, weil dieser verdammte Song beim Aufwachen seinen schwitzenden Polyesterarsch in deinem Kopf geschwenkt hat. Früher oder später muss man eben dafür bezahlen, dass man der einzige Weiße ist, der tanzen kann. Meine rechte Gehirnhälfte sagt mir zumindest, dass ich aus einem tieferen Grund als »Disco Duck« ins Gras beißen werde. Vielleicht schlafe ich ja noch. Das muss einfach so sein. Klopf mit den Fingern nacheinander aufs Kopfkissen, vier heißt Traum, fünf wach. Eins zwei drei vier fünf.

Scheiße.

Aber was, wenn ich träume, dass das die Wirklichkeit ist? Wenn ich im Traum träume? Irgendwo hab ich gelesen, dass genau das passiert, wenn man stirbt. Irres Zeugs, Herr im Himmel. Atme langsam. Atme überhaupt nicht. Nein, atme langsam. Halt die Luft an. Nein, das wird er merken, und dann weiß er, dass du nicht schläfst. Ich weiß, was hier los ist, Mann, du kommst nur von einem beschissenen Trip runter. Kann gar nicht anders sein. Du bist einfach hart abgestürzt, schlechtes Zeug. Das hast du davon, dass du dir Koks irgendwo anders als zwischen der 42nd und der 5th reingezogen hast. Da ist der Typ an der Ecke 41st und 5th dran schuld. Aber warte mal, ich trippe nicht. Auf Jamaika trippe ich nie. Jamaika ist selbst ein Trip, und Herr im Himmel hör auf, so angestrengt nachzudenken. Wenn du so weitermachst fängst du noch an, laut zu denken – hab ich irgendwas gesagt? Herr im Himmel, Herr im Himmel, Herrrrimmhimmmellllll, hör auf damit, hör verdammt noch mal auf damit, Alex Pierce. Beruhig dich, beruhig dich SOFORT. Schließ die Augen und versuch, wieder auf diesen Traum aufzuspringen, aus dem du ausgestiegen bist, mach schon, und hol dir den Traum zurück, und wenn du aufwachst, ist da kein Mann mehr, der auf deiner Bettkante sitzt. Nein, noch besser, es wird überhaupt kein Mann ins Zimmer kommen, als du gerade aufwachst, weil du nie überhaupt nicht geschlafen hast, kann man ja auch nicht auf diesem Folterbett. Der Mann kommt nicht rein, er geht auch nicht zum Fenster und zieht die Vorhänge zu, er greift auch nicht in sein Hemd – schau nicht hin, schau verdammt noch mal nicht hin – und er setzt sich auch nicht auf das Bett. Keine Klicks und Klacks und Ticks und Tacks. Schließ die Augen, so einfach ist das, aber es wird funktionieren, DAS WIRD FUNKTIONIEREN.

Ich bin im Skyline Hotel. Ich habe vor zwei Tagen hier eingecheckt, obwohl ich schon fünf Monate in Kingston und acht auf Jamaika bin. Acht Monate, seitdem mir Lynn ein Ultimatum gestellt hat, Jamaika oder sie. Verdammtes Weibsstück, ich hab ja nicht erwartet, dass sie meine Arbeit versteht, aber doch auf etwas Respekt für das gehofft, was ich tun muss.



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