Ein Lied, so tief und fern by McCarry Sarah

Ein Lied, so tief und fern by McCarry Sarah

Autor:McCarry, Sarah
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-cbt HC
veröffentlicht: 2016-02-22T13:16:34+00:00


Im Auto wühlt Cass in ihrer Tasche, bis sie ein zerkratztes Tape findet, das sie in das Kassettendeck des Autoradios schiebt. Brandungsartige Gitarrenklänge strömen aus den alten Lautsprechern und Cass dreht die Musik voll auf. Die Melodie ist poppig und süß, dann hört man eine Stimme singen, die so hoch ist, dass Maia sie im ersten Moment für die eines Mädchens hält. Cass singt glücklich mit.

»Wovon handelt der Song? Von einem Karibu?«

»Reeeepent!«, stimmt Cass in den Refrain mit ein. »Keine Ahnung, das sind die Pixies.«

»Ist das Punk?«

»Mein süßes Kind«, sagt Cass. »Was soll ich bloß mit dir anstellen?«

Das Konzert findet in einem abbruchreifen Haus im alten Industriegebiet in der Nähe der Ballard Locks statt. Im Garten wogt ein Meer aus schwarz gekleideten jungen Leuten, die rauchen und aus Flaschen in braunen Papiertüten trinken. Cass lacht, als sie Maias große Augen sieht. »Hier ist niemand, der dich beißt«, sagt sie und tätschelt ihre Hand, die auf dem Schaltknüppel liegt. »Versprochen.« Maia parkt den Wagen eine Straße weiter, prüft zweimal, ob die Türen auch wirklich abgeschlossen sind, und folgt Cass dann mit bis zu den Ohren hochgezogenen Schultern, als wollte sie sich verstecken. Sie will nach Hause, sich unter ihrem Flügel verkriechen und nie wieder einen Fuß vor die Tür setzen.

Die Leute hier machen ihr Angst. Sie tragen zerfetzte Klamotten, die Haare stehen ihnen stachelig vom Kopf ab oder hängen zottelig herunter. Sie haben Sicherheitsnadeln in den Ohren und mit Ringen gepiercte Lippen, tragen schwere Ketten um den Hals und dicke schwarze Stiefel und starren Cass und Maia an, als sie an ihnen vorbeilaufen. Cass wartet, bis Maia zu ihr aufgeschlossen hat, und nimmt ihre Hand. »Du machst das großartig, Prinzessin«, murmelt sie ihr ins Ohr und drückt beruhigend ihre Hand. »Diese Idioten haben noch nie ein so schönes Mädchen wie dich gesehen, das ist alles.«

»Ich hab das Gefühl, sie hassen mich.«

»Auf keinen Fall. Finster gucken gehört hier zum guten Ton. Komm, wir besorgen uns was zu trinken.«

Cass zieht sie ins Haus, wo sogar noch mehr los ist als draußen. Überall drängen sich von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllte Leute, die Bier aus roten Plastikbechern trinken. Cass lässt Maias Hand los. »Du wartest hier«, sagt Cass. »Ich hol uns was zu trinken, okay? Bin gleich wieder da.« Maia lehnt sich an eine Wand. Möbel gibt es hier so gut wie keine, bis auf eine durchgesessene Couch und ein einsturzgefährdetes Regal, in dem eselsohrige Ausgaben von Unterwegs und Siddhartha stehen. Cass rempelt sich einen Weg durch die Menge. Maia kaut auf ihrer Unterlippe und hofft, dass sie nicht so verängstigt aussieht, wie sie sich fühlt.

»Scheint, als würdest du dich hier nicht sonderlich gut amüsieren«, sagt jemand neben ihr. Okay: Sie sieht also doch genauso verängstigt aus, wie sie sich fühlt. Der Junge, der sie angesprochen hat, ist groß und schlaksig und hat lange braune Zottelhaare. Er trägt genau wie der Rest der Leute hier Leder und Nieten, aber seine Augen sind freundlich.

»Eigentlich bin ich … ähm, mir geht’s gut«, sagt sie.

»Ich bin Todd.



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