Ein Leben in der Schusslinie: Französischer Kriegsfreiwilliger im kroatischen Unabhängigkeitskrieg (German Edition) by Charuel Marc & Besson Gaston

Ein Leben in der Schusslinie: Französischer Kriegsfreiwilliger im kroatischen Unabhängigkeitskrieg (German Edition) by Charuel Marc & Besson Gaston

Autor:Charuel, Marc & Besson, Gaston [Charuel, Marc]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2018-01-27T16:00:00+00:00


Die Ekel

Ich habe alles gelesen und alles mitangehört. Es fand sich da Aragon und Brasillach, Marx und Lenin, Nazischallplatten und Partisanenlieder. Meinen Vater interessierten ausschließlich Extreme, mit deutlichem Hang zu verlorenen Idealen. Alles was er als edel bezeichnete, war edel nur dann wenn es verloren war. „Die einzige Moral, die es im Krieg gibt ist jene, welche man verliert“, sprach er. Für ihn war alles Wahrheit und Lüge. Wahrheit war etwas persönliches. Er sprach, dass man mit jedermann manipulieren kann, dass man eine Masse in die Notwendigkeit des Kampfes für eine Idee überzeugen kann, dass man sie aber schon im nächsten Augenblick im Namen anderer Ideale umwenden kann. Sobald es eine Gruppe gibt, kann keine Rede mehr über Wahrheit sein. Er war nämlich weder mehr Nazi oder Kommunist, oder was auch immer mit der Endsilbe „ist“, er war nur verzweifelt. Ihm zufolge gab es einen Fluch, der den Menschen begleitet. Deswegen schäzte er auch den Mythos vom Krieger, vom Übermenschen, und liebte demnach vor allem leidenschaftliche Individualisten und die Provokation. Danach gab es den Tod, den kostenlosen Tod, weil nichts nichts wert ist. Den eigenen Tod zu wählen, war das Privileg des Halbgottes. Ich skizziere das Portrait der Person. Ein Wahnsinniger … Man wird nicht geboren als Krieger. Man wird zum Krieger nicht aus Nihilismus, sondern aus Revolte gegen das Nichts und auch aus Stolz.

Mein Vorgesetzter in Kroatien und in Bosnien und Herzegowina, Jelinić, war vor dem Krieg ein Rocker. Er rauchte Joints und leistete nicht einmal die allgemeine Wehrpflicht. Nach zwei Jahren Kampf wurde er Kommandeur eines Bataillon. Was suchte er? Den Tod? Vielleicht … Mir scheint eher, dass er keine Wahl hatte. Es gab zu viel Leid. Er kam der Wahrheit ganz nahe. Näherte sich auf einen Schritt entfernt jenem Ort, von dem es keine Rückkehr mehr gibt. Er wusste, dass sein Opfer vergeblich war. Wollte zu den Menschen zurückkehren, es war aber zu spät. Er wurde zu einem Ausgestoßenen und konnte daraus nicht mehr heraus. Es blieb nur der Tod übrig, eine schwere Verletzung, das Ende des Krieges, das Ende aller Kriege … Wenn ich über ihn rede, rede ich über mich selbst.

Wozu über all dies reden? Wer will schon zustimmen über die Wahrheit zu reden? Leben zu wollen, hieße sich selber zum Schweigen zu verurteilen, und versuchen um jeden Preis zu vergessen. Wer will sich an die atemlose Hetzerei unter Kugelhagel und die Schluchzer erinnern, die aus der Kehle hervorkamen beim Gedanken, dass du dich ins Nichts stürzt, dort mitten im Einsatz. Bei all dem, ohne zu wissen wer zum Schluss aushalten wird, wer zurückkommen wird, und dass wir niemals die Gesichter der durchnäßten Freunde sehen werden? Wer möchte von dem Gestank der schlecht geschlossenen Särgen reden, der sich so sehr in die Nasenlöcher einzog, dass wir ihn tagelang spürten? Gestank der Freunde!

Die ganze Geschichte wird niemals ganz erzählt werden können, es können lediglich nur ein paar Bilder wie in einem Filmvorspann erahnt werden! Was bedeuten schon jene starken, schönsten Augenblicke, die Gefangenen die uns Hände schütteln, die Freunde die ihr Leben für uns hingaben, Geschichten von Liebe und Freundschaft.



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