Du bist tot by Charles Stross

Autor:Charles Stross
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-10-11T22:00:00+00:00

SUE

Bullen im Porzellanladen

Als ihr das Ziel in Leith endlich erreicht, ist dort bereits helle Panik ausgebrochen. Ermutigt durch Kemal von Europol, hat Liz den Kriminalhauptkommissar Verity direkt kontaktiert. Daraufhin hat Verity auf den Alarmknopf gedrückt und jeden verfügbaren Polizisten südlich von Pilton auf die Jagd geschickt, um den Häuserblock rund um das Lagerhaus an der Lindsay Road abzuriegeln. Was, praktisch gesehen, nicht gerade unproblematisch ist, denn hundert Meter weiter an der Straße liegt am Victoria Quay der Komplex der Regierungsbeamten und -angestellten, der rund fünftausend Menschen beherbergt. Es sind Leute, die im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind und ständig irgendwelche PowerPoint-Präsentationen vorbereiten. Darüber hinaus gibt es hier Geschäfte mit Designermöbeln, Restaurants mit unterschiedlicher ausländischer Küche, exklusive Fitness-Center, urige Bierkneipen und billige Nutten. Falls Verity oder sein Boss – denn diese Art von Mist hat die Tendenz, zur Chefsache zu werden – Victoria Quay räumen lassen muss, wird es zwangsläufig Anfragen im Parlament geben. Ganz zu schweigen davon, dass es bei der virtuellen Klatschpresse viele Megabytes von Spekulationen auslösen wird. Und falls diese Kacke öffentlich breitgetreten wird, vielleicht auch einige diskrete Rücktritte. Du wärst nicht mal überrascht, wenn Verity jetzt schon die Hosen gestrichen voll hätte, denn diese Sache hat durchaus das Potenzial, sich zu einer Ian-Blair-Affäre zu entwickeln. Es ist die Art von polizeilichem Vorgehen, die zu einer SNAFU-Situation führen kann und noch Jahrzehnte später den Stoff für Legenden bildet. Kemal und sein Sturmtrupp von schwarz gekleideten, mit Spiegelbrillen ausgerüsteten Superbullen mögen an derartige Scheiße ja gewöhnt sein, aber Edinburgh ist eine winzig kleine, in die Region eingebettete, schmucke Vorzeige-Hauptstadt mit etwas mehr als fünfhunderttausend Einwohnern und hat mit Terrorismus ungefähr so viel am Hut wie Oklahoma City. Was wahrscheinlich erklärt, warum sich die Ereignisse so entwickeln, als hätten die Keystone-Kops auf Crack daran mitgewirkt, nur sind die Special Effects hier besser als in den historischen Slapstick-Komödien mit verrückten Bullen.

Die ferngesteuerten BMWs drosseln das Tempo, als sie in die Starbank Road einbiegen und an den Docks vorbeirumpeln. Schließlich halten sie unmittelbar hinter dem alten Fischmarkt von Newhaven. »Alles aussteigen«, sagt der MIB – der Man in Black. »Von hier aus gehen wir zu Fuß.« Vor euch wuselt eine ganze Busladung von Uniformierten hin und her: Sie bauen eine Straßensperre auf und bereiten alles dafür vor, den stadteinwärts fließenden Verkehr umzuleiten. Das wird in kurzer Zeit ein Riesenchaos auslösen, denn normalerweise fahren hier fünfzig Prozent aller Lastwagen durch, die das Ocean Terminal Shopping Centre beliefern, und auch sämtliche Kunden des Einkaufszentrums – ganz zu schweigen von den Bussen und den supermodernen Straßenbahnen der Linie 2. Das wird sogar fast so schlimm werden wie damals, als irgendeine blöde Kuh Tony Blair unbedingt aus der Versenkung holen musste und ihn dazu einlud, an der Heriot-Watt-Universität als Hauptredner bei der Abschlussfeier für die Graduierten aufzutreten.

»Liz, sind Sie auch sicher, dass Sie mich für diese Sache brauchen? Mac wird nämlich jeden lebenden Polizisten benötigen, dessen er habhaft werden kann …«

»Sie bleiben schön hier«, zischt Liz leise, damit die MIBs es nicht mitbekommen. »Sie haben zwar Recht, aber ich möchte, dass wir diese Clowns zu zweit im Auge behalten.

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