Die Ueberbuchte by Rawolle Doris

Die Ueberbuchte by Rawolle Doris

Autor:Rawolle, Doris [Rawolle, Doris]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-04T00:00:00+00:00


Der letzte volle Tag auf der Insel war nunmehr angebrochen. Und Lena stand wie jeden Morgen, die Hände fest auf das Balkongeländer aufgestützt und blickte unverwandt aufs Meer hinaus. Nur, dass sie sich heute Morgen vehement gegen die aufkommende Traurigkeit wehren musste. Sie spürte immer deutlicher, dass dieses Mal der Abschied ein gänzlich anderer als sonst war. Sie wusste auch, und darüber brauchte sie sich wahrlich nichts vorzumachen, dass ein Mensch in ihr Leben getreten war, der ihr weder gleichgültig, noch fremd war; und sie wusste auch, dass er etwas von ihr erwartete, etwas, das sie nicht zu geben bereit war – wenigstens jetzt noch nicht. Wenn überhaupt, dann nicht so schnell. Sie wollte lieber auf den Abstand vertrauen, der noch immer erfolgreich die Illusion von der Wahrheit zu trennen verstand. Dann erst, im Laufe der Verflüchtigung, würde sich die wirkliche Dauerhaftigkeit erweisen, und nicht jetzt, im verzauberten Urlaubsaugenblick. Bei diesem Gedanken atmete sie tief und zugleich befreit auf. Denn es widerstrebte sie, ihren über viele Jahre hart erkämpften Seelenfrieden, so mir und dir nichts auf’s Spiel zu setzen.

»Hallo! Guten Morgen, liebe Frau! Sie wollen heute doch nicht etwa kneifen?«, rief da der kleine gedrungene Mann, mit dem feisten, runden Gesicht und den immer heiteren Augen, zu ihr hinauf.

»Sie sind heute etwas zu spät dran, denn ich bin schon angezogen«, erwiderte sie.

»Schade! Dann morgen halt etwas früher!«, rief er und verschwand mit wehendem Bademantel hinter der Hausecke.

Da aber noch genügend Zeit bis zum Frühstück vorhanden war, entschloss sich Lena zu ihm hinauszugehen. Sie holte einen der zwischen den Liegen stehenden Hocker herbei und ließ sich nahe am Beckenrand nieder.

Der Mann schwamm indes ruhig seine Runden. Winkte ihr aber sogleich freudig zu, als er sie am Beckenrand entdeckt hatte. Nun schwamm er auf sie zu und hielt sich am Haltegriff fest. »Meine Frau hat sich gestern dermaßen verbrannt, dass sie sich heute kaum außer Haus wagt«, erzählte er ihr.

»O ja, das kenne ich. So ähnlich erging es mir in den ersten Tagen auch – eigentlich mehr weil ich am Strand eingeschlafen bin«, bekannte Lena.

»Sagen Sie mal, oder täusche ich mich da«, musterte er sie von unten herauf, »dass Sie heute ziemlich griesgrämig gucken?«

Lena lachte. »Naja, griesgrämig vielleicht nicht direkt aber etwas traurig, das könnte schon sein, denn es ist heute unser letzter Tag; wir müssen morgen abreisen.«

»O je, na ja, dann scheint es ja gerechtfertigt zu sein.« Und obwohl er weitersprechen wollte, hielt er inne und grinste sie vielsagend an. »Wohl mehr der Liebesromanze wegen, he?«

Lena wurde rot. Sie drohte ihm mit dem Finger. »Das könnte Ihnen wohl so passen, mir eine Liebesromanze anzuhängen! Nee, mein Lieber, da liegen Sie vollkommen falsch!«

»Nicht …? Schade …«, tat er enttäuscht.

»Nein, mein Lieber, ganz und gar nicht! Eine Urlaubsromanze? Gut, vielleicht, das könnte ich gerade nochmal gelten lassen.«

»Trotzdem, es ist dennoch schade«, bemerkte er. »Denn wir finden alle, dass Sie beide wirklich gut zusammenpassen würdet.«

»Wie schön von euch allen! Aber wie wäre es eigentlich damit: Würdet ihr möglicherweise auch eine Freundschaft akzeptieren?«

»Naja …« Er räusperte sich etwas umständlich.



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