Die sieben Leben des Arthur Bowman by Varenne Antonin

Die sieben Leben des Arthur Bowman by Varenne Antonin

Autor:Varenne, Antonin [Varenne, Antonin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C. Bertelsmann
veröffentlicht: 2015-05-17T16:00:00+00:00


5

»Er fühlt sich nicht wohl. Die Reise nach Saint Louis hat ihn erschöpft.«

Sie stand auf der Veranda.

»Er hat mich gebeten, für ihn einzuspringen.«

Bowman hatte nicht geschlafen. Sein Gesicht war faltig, die Augen lagen tief in den Höhlen. Er stand ohne Mantel vor ihr. Reunion unter dem blauen Himmel bot immer noch den niederschmetternden Anblick einer Geisterstadt, eines aufgegebenen Traums. Die Männer und Frauen, die er in den Straßen sah, hatten fahle Gesichter; graue Gestalten mit glanzlosen Augen, sogar die Kinder schienen die Lust am fröhlichen Spielen verloren zu haben und trotteten zwischen den verwahrlosten Hütten missmutig hinter ihren Eltern her. Bowman war beeindruckt gewesen, als Brewster ihm abends am Kamin von ihren Träumen von der vollkommenen Stadt erzählt hatte. Doch bei Tageslicht erkannte er, wie riesengroß der Abgrund zwischen solchen Theorien und der Realität war. Er hatte in Afrika Dörfer von halbnackten Negern gesehen, in denen man besser lebte als hier.

Die Frau ging vor ihm her und blieb bei einem Haus mit geschlossenen Fensterläden stehen.

»Hier hat Richard gewohnt.«

Bowman sah sie an.

»Sie sprechen mit Akzent. Woher kommen Sie?«

»Wenn Sie eintreten wollen, bitte. Ich warte hier auf Sie.«

Bowman betrachtete das Haus. Es gehörte zu den schönsten und solidesten der Stadt. Seine Mauern waren dick genug, dass es einem Angriff länger als ein paar Minuten standhalten konnte. Bisher der einzige Ort in ganz Amerika, von dem Bowman sagen konnte, dass Peevish oder Penders ihn anziehend gefunden haben mussten.

»Wer hat ihn gefunden?«

»Jemand, der uns inzwischen wieder verlassen hat. Er ist zurückgekehrt nach Frankreich.«

»Sie sprechen gut Englisch. Ich kann keine andere Sprache. Nur ein paar Brocken, die ich bei den Affen aufgeschnappt habe.«

Alexandra Desmond sah Arthur Bowman an.

»Affen?«

»Die Eingeborenen der Armee in Indien.«

Arthur nahm die Tür von Kramers Haus ins Visier.

»Ich gehe jetzt hinein.«

Das Innere des Hauses war voller Staub, doch noch immer vollständig möbliert und eingerichtet. Es gab Gläser, Teller, Küchenutensilien, einen Teppich unter dem Esstisch, Bilder an der Wand, Stiche, die Pflanzen und Städte darstellten. Auf dem Tisch eine Schale mit trockenen Früchten, auf denen weißlicher Schimmel blühte. Rechts und links vom Kamin waren zwei Türen. Er öffnete die rechte und betrat ein kleineres Zimmer, wo er ein Fenster öffnete und die Läden aufstieß. Im Zimmer stand ein Bett, Decke und Kissen grau von Staub, ein Schrank voller Kleider. Auf dem Nachttisch ein Buch. Wo immer er hingriff, hinterließen seine Hände Spuren. Hinter dem Bett führte eine Tür in ein drittes Zimmer, einen Arbeitsraum mit Regal, auf dem zahlreiche Bücher standen. Er las einige Titel. Wissenschaftliche Werke, die sich mit Chemie und Mechanik, mit Botanik und Landwirtschaft beschäftigten. Auf dem Sekretär Papiere, Notizhefte, Briefe, Federn und ein Glas mit eingetrockneter Tinte. Vom Arbeitszimmer ging es wieder in das größte Zimmer mit dem Kamin zurück.

Hier öffnete Arthur die zwei Fenster, die auf die Straße gingen. Alexandra Desmond stand auf der anderen Seite und beobachtete ihn. Ihr helles Kleid und ihr rotes Haar hoben sich von der schwarzen Lattenwand einer Scheune ab. Sie wechselten einen Blick, dann drehte er sich um und ging auf den Kamin zu.



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