Die Sakristei des Todes by Paul Harding

Die Sakristei des Todes by Paul Harding

Autor:Paul Harding [Paul Harding]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi-Thriller, Historisch, England
Herausgeber: eBookCreatorNet
veröffentlicht: 2010-01-01T14:00:01+00:00


ACHT

Cranston und Athelstan drängten sich durch das dichte Treiben der Cheapside und in die schmutzigen Elendsquartiere um das Karmeliterkloster Whitefriars. Bettler heulten nach Barmherzigkeit. Fliegen schwärmten über den zahllosen Kothaufen, die die Gossen verstopften und sich bisweilen hüfthoch vor den verdreckten, faulig stinkenden Behausungen türmten. Zwei Jungen hatten einen kleinen Hund gefangen und versuchten, ihm einen Stock in den After zu spießen; Cranston versetzte ihnen einen raschen Tritt, und sie stoben davon. Höker und Hausierer mit Bauchläden voller Firlefanz oder kleinen Karren mit von Fliegen umschwärmten Eßwaren standen an den Ecken, riefen ihre Waren aus und hielten dabei wachsam Ausschau nach den Bütteln, die in dieser Gegend patrouillierten. Ein paar Marktaufseher hatten zwei Männer gefaßt: Der eine hatte nicht die erforderliche Gebühr und Steuer für den Handel in der Stadt bezahlt, und den anderen versuchten sie zu zwingen, »Käse und Brot« zu sagen, denn sie hatten ihn im Verdacht, ein Flame zu sein, der gar nicht das Recht hatte, Waren in die Stadt zu bringen. »Wenn er es falsch ausspricht«, knurrte Cranston aus dem Mundwinkel, während er vorbeistolzierte, »dann werden sie ihm die Handfläche mit einem glühenden Eisen verbrennen.«

In den Türen der engen Gäßchen huschten dunkle Gestalten ein und aus. Die Luft war zum Schneiden vom schwarzen Qualm der Leimsieder, die hinter ihren schmutzigen kleinen Häusern in großen Eisenfässern Knochen und Abfälle aus dem Fleischerviertel verkochten. Cranston schien den Weg genau zu kennen. Athelstan hielt seinen Knüppel fest umklammert; er hielt sich ein kleines Stück hinter ihm und achtete darauf, daß ihnen niemand folgte. Kinder kreischten und zankten. Hunde balgten sich über Abfallbergen. Athelstan war sicher, daß er in einem dieser Haufen eine menschliche Hand gesehen hatte, die gespreizten Finger faulig verwest.

»Gott beschütze uns«, murmelt er.

»Wahrlich, die Pforte der Hölle«, versetzte Cranston. »Sprich deine Gebete, Bruder, und halte die Augen offen. Sollte irgend jemand auf dich zutaumeln, Betrunkener, Frau oder Kind, zieh ihm kräftig eins mit deinem Knüppel über.« Sie gingen eine Gasse hinunter. Eine Schar Bettler löste sich aus dem Schatten und versperrte ihnen den Weg. Cranston zog Schwert und Dolch. »Verpißt euch!« schrie er.

Die Gestalten verschwanden wieder im Dunkel. An der Ecke stand eine Frau mit drei Kindern, deren Körper nur halb von schmutzigen Lumpen bedeckt waren und schreckliche Geschwüre und Blutergüsse aufwiesen. Athelstans Hand ging sofort zu seinem Geldbeutel, als die Frau, in deren knochigem Gesicht nur ein gesundes Auge glitzerte, eine klauenartige Hand ausstreckte. Aber Cranston schlug die Hand herunter und schob Athelstan weiter.

»Behalte dein Geld, Bruder! Siehst du nicht, daß sie eine Simulantin ist?«

»Was ist sie?«

»Eine berufsmäßige Bettlerin.«

Athelstan sah sich rasch um. »Aber die Kinder, Sir John! Diese schrecklichen Blutergüsse!«

Der Coroner lachte leise. »Es ist ein Wunder, Bruder, was die Leute mit einer Mischung aus Salz, Pottasche und Schweineblut so alles anstellen können.«

»Aber es sah so echt aus.«

»Bruder, sieh dir ihre Körper an. Rundlich, wohlgenährt - das sind keine hungernden Kinder. Die essen wahrscheinlich besser als ich.«

»Das wäre dann allerdings ein Wunder«, brummte Athelstan und schüttelte den Kopf über die schiere Arglist dieser Bettler, während er Sir John durch die nächste Gasse folgte.



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