Die Reise nach Helsinki by Christiane Gibiec

Die Reise nach Helsinki by Christiane Gibiec

Autor:Christiane Gibiec [Christiane Gibiec]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi-Thriller, Historisch
Herausgeber: eBookCreatorNet
veröffentlicht: 2010-01-01T14:00:01+00:00


4

Die Schwester

Carl Soderberg hatte sich wenig verändert, ein paar Falten hatten sich um seinen Mund gelegt, sein Haar war silbriger und dünner geworden. Weinend schloss er Anna in die Arme.

»Wie groß du geworden bist, kleine Anna, trotzdem hätte ich dich unter Tausenden wiedererkannt. Pekkas Tochter, unverkennbar. Warum hat es nur einen so schrecklichen Preis gekostet, dass du endlich nach Helsinki gekommen bist?«

Auch Anna weinte und brauchte eine ganze Weile, bis sie Lina vorstellen und die zierliche, weißblonde Ulla Soderberg begrüßen konnte, deren blaue Augen ebenfalls schwammen.

Sie nahmen eine Droschke, ließen den Hafen hinter sich und überquerten den majestätischen Senatsplatz, der, eingerahmt von der hohen, breiten Treppe zum Dom, der ebenfalls von dem Architekten Engel erbauten Universität und dem Regierungspalais, seinem Ruf als einem der bedeutendsten Plätze Europas alle Ehre machte. Sie fuhren ein Stück die schnurgerade Aleksandersgatan hinunter und bogen nach rechts ab in die Västra-Chaussee, vorbei an der riesigen Baustelle für einen neuen Hauptbahnhof und am Nationalmuseum. Die Boulevards und Jugendstil-Prachtbauten der finnischen Hauptstadt konnten sich mühelos mit Berlin messen. Weiter ging es nach links in die Mejlansgatan, die Ostsee tauchte wieder auf. Ihr Ziel war der Lilla Fiskarviken am Nordrand der Stadt.

»Auf deutsch heißt es kleine Fischbucht«, erklärte Carl Soderberg, »direkt gegenüber von unserem Grundstück liegt die Insel Räholmen.«

Sie hielten vor einer zweigeschossigen, mit Erkern und Türmchen verzierten Villa aus hellblau gestrichenem Holz. Überall sah der rote Granit, auf dem die finnische Hauptstadt erbaut war, aus der Erde heraus, auch Soderbergs Haus lag auf einem zum Meer abfallenden großen Felsen, der von Flechten und Moos überwuchert war.

Das Haus war von einer Holzveranda und rosa knospenden Rhododendronbüschen umgeben. Die Bäume standen in hellgrünem Laub, auf den Beeten grünte und blühte es.

»Hier wohnen wir nur im Sommer«, sagte Ulla Soderberg mit ihrer freundlichen, hellen Stimme, »im Winter ist es zu kalt, da gehen wir lieber in unsere kleine Stadtwohnung.«

Auf der Veranda und im weiß gestrichenen Wohnraum lagen bunte, gewebte Flickenteppiche auf dem Holzboden, geschwungene Korbmöbel waren um kleine Tische zu Sitzgruppen angeordnet, Kommoden aus Mahagoni mit weißen, bestickten Leinendecken belegt, dazwischen glänzten mit bunten Sträußen gefüllte Keramikvasen, Schalen, Dosen und Kerzenleuchter aus ziseliertem Silber.

Lina war entzückt. »Wie hell, wie geschmackvoll, ganz anders als unsere düsteren Wohnzimmer.«

»Die Finnen haben eine hohe Wohnkultur, du weißt, wie gut Papa Räume einrichten konnte.«

Anna lächelte stolz und wünschte, ihre Mutter, die immer abfällig über alles Finnische geurteilt hatte, könnte dieses wunderschöne Haus sehen.

»Wir müssen es uns drinnen gemütlich machen«, sagte Ulla Soderberg, »unser Land ist ja draußen meistens unwirtlich, Schnee, Frost und Dunkelheit von Oktober bis Mai.«

Anna und Lina bezogen ein gemütliches Erkerzimmer und gingen, nachdem sie sich eingerichtet hatten, hinunter auf die Veranda, wo Carl und Ulla Soderberg mit Kaffee und frischen korvapuusti warteten, die bei Anna sofort ein heimeliges Gefühl hervorriefen.

»Wir möchten, dass ihr euch ganz wie zu Hause fühlt«, sagte Soderberg feierlich, »außerdem sind wir Carl und Ulla, hier in Skandinavien duzt man sich, wenn man sich gut kennt, anders als in Deutschland. Wir erwarten noch einen Gast zum Kaffee, deine Tante Minna Salander, sie muss jeden Augenblick hier sein.



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