Die Reise des Elefantengottes by Rösler Beate

Die Reise des Elefantengottes by Rösler Beate

Autor:Rösler, Beate [Rösler, Beate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2014-11-23T23:00:00+00:00


Asha

Berlin, im Winter 1969

Es war früher Abend, als sie nach Kreuzberg zurückkehrten. Während der Autofahrt hatten sie geschwiegen und der Musik von Bob Dylan gelauscht. Sie parkten Ankes Käfer in einer Parallelstraße und liefen mit gesenkten Köpfen gegen den eisigen Ostwind ankämpfend nach Hause. Vor dem Eingang des Fabrikgebäudes parkten drei Polizeiwagen. Abrupt blieben die drei Frauen stehen. »Was soll das denn?«, flüsterte Rosi. Zwei Polizisten sprangen aus einem der Fahrzeuge heraus und rannten auf sie zu. Sie trugen Helme und Asha konnte nur die Augen erkennen, die sie misstrauisch betrachteten. Einer der Polizisten fuhr sie unfreundlich an und deutete zuerst auf die Frauen, dann auf das Gebäude. Asha vermutete, dass er wissen wollte, ob sie dort lebten. Rosi und Anke antworteten gleichzeitig mit »Ja« und »Nein«, was die Beamten verärgerte. Mit festem Griff umfassten sie die Arme der Frauen und führten sie durch den Hinterhof. Asha wurde die Stufen hinaufgestoßen und bekam Angst. In der Wohnung wimmelte es von Polizisten, die Matratzen umdrehten, Schränke durchwühlten und für Asha Unverständliches brüllten. Karl und Tom standen mit den Gesichtern zur Wand und stützten sich mit ihren Händen ab, während Oliver mit verschrecktem Gesicht auf der Kleiderkiste saß. Ein Polizist, der mit einem Holzknüppel in der Hand neben ihnen stand, bewachte sie. Britta lief keifend den Flur auf und ab und in der Küche saßen Gabi und Klaus mit einigen Leuten, die Asha nicht kannte, zwischen Stapeln von Papieren und Zeitungen. Es sah aus, als sei ein heftiger Monsum niedergegangen, gefolgt von einem Orkan, und das Getrampel der Polizeistiefel ließ die Fußböden vibrieren. Asha spürte, dass ihr Magen rebellierte. Was ging hier vor? Lebte sie mit Kriminellen zusammen? War Karl gar nicht so gut, wie sie geglaubt hatte? Was suchte die Polizei? Ein junger Polizist kam aus ihrem Zimmer gestürmt und schüttelte den Kopf. Hoffentlich war ihrem kleinen Elefantengott nichts geschehen. Bei diesem Gedanken verschluckte sich Asha fast vor Aufregung. Karl wandte seinen Kopf und lächelte ihr zu. »Mach dir keine Sorgen, gleich ist der Spuk vorbei.« Der Polizist, der neben Tom und Karl postiert war, hob drohend seinen Knüppel und brüllte Karl an. Einen Moment lang erkannte sie große Wut in Karls Augen, doch er erwiderte nichts und senkte den Kopf. Oliver sprang auf und schrie etwas, woraufhin zwei Polizisten den um sich schlagenden Oliver nach draußen brachten.

Am Abend, als sie alle mit bleichen Gesichtern in der Küche saßen, erklärte Karl, dass Oliver den Polizisten »Faschistenschwein« genannt und gesagt hatte, dass dieser wahrscheinlich gerne unter Hitler in der SS gedient hätte. Asha wusste nicht, was die SS war, aber sie kannte den Namen Hitler und verstand, dass es nicht gut war, einen Polizisten als »Schwein« zu bezeichnen. Oliver musste die Nacht im Gefängnis verbringen und hatte auch danach noch jede Menge Ärger wegen der Geschichte.

Asha traute sich nicht, sich hinzusetzen, und endlich, als ihre Beine vom Stehen schon schmerzten, gab ein Polizist seinen Kollegen ein Zeichen und die Truppe lief donnernd die Treppenstufen hinab. Asha ließ sich auf die Kleiderkiste sinken, auf der Oliver zuvor gesessen hatte.



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