Die neununddreissig Stufen by Buchan

Die neununddreissig Stufen by Buchan

Autor:Buchan
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-31T05:00:00+00:00


7

DER FLIEGENFISCHER

Ich setzte mich auf einem Hügel nieder und überdachte meine Lage. Sehr glücklich war ich nicht, denn meine natürliche Dankbarkeit für die gelungene Flucht wurde durch erhebliches körperliches Übelbefinden beeinträchtigt. Die Chemikaliengase hatten mich wohl ziemlich vergiftet, und das Schmoren oben auf dem Taubenhaus hatte mir auch nicht gutgetan. Ich hatte rasende Kopfschmerzen, und mir war speiübel. Auch ging es meiner Schulter gar nicht gut. Erst dachte ich, es sei nur eine Prellung, aber das Gelenk schien anzuschwellen, und ich konnte den linken Arm nicht gebrauchen.

Mein Plan war, zu Mr. Turnbulls Hütte zu gelangen und meine Sachen abzuholen, insbesondere Scudders Notizbuch, und dann auf die Bahnlinie zu stoßen und wieder nach Süden zu fahren. Es schien mir, ich solle je eher je besser mit dem Mann vom Außenministerium, Sir Walter Bullivant, Fühlung nehmen. Mehr Beweise, als ich schon hatte, konnte ich kaum beschaffen. Er mußte mir entweder glauben oder nicht. Und jedenfalls würde ich bei ihm in besseren Händen sein als bei diesen teuflischen Deutschen. Allmählich dachte ich mit fast liebevollen Gefühlen an die britische Polizei.

Es war eine herrliche, sternklare Nacht, und ich hatte keine Mühe, den Weg zu finden. Sir Harrys Landkarte hatte mir einen ungefähren Begriff von der Gegend gegeben, und ich brauchte nur einen oder zwei Grad nach Westsüdwest zu halten, dann würde ich zu dem Bach kommen, wo ich auf den Straßenarbeiter gestoßen war. Auf all diesen Wanderungen wußte ich nie, wie irgend etwas hieß, aber ich glaube, dieser Bach war nichts Geringeres als der obere Lauf des Flusses Tweed. Meiner Rechnung nach war ich von dort etwa achtzehn Meilen entfernt; das hieß, daß ich vor dem Morgen nicht hinkommen würde. Also mußte ich mich, wenn es hell wurde, auf einen Tag irgendwo verstecken, denn ich bot einen zu abscheulichen Anblick, um mich bei Tageslicht sehen zu lassen. Ich hatte weder Jacke noch Weste noch Kragen noch Hut, meine Hosen waren bös zerrissen, und Hände und Gesicht waren schwarz vom Pulverrauch. Höchstwahrscheinlich wies ich auch noch andere schöne Züge auf: ich hatte das Gefühl, meine Augen seien fürchterlich blutunterlaufen. Alles in allem war ich kein Anblick für gottesfürchtige Bürger auf einer Landstraße.

Sehr bald nach Tagesanbruch versuchte ich, mich in einem Bergbach zu säubern, und dann näherte ich mich der Hütte eines Hirten, denn ich mußte unbedingt etwas zu essen haben. Der Hirte war nicht zu Hause, nur seine Frau, und fünf Meilen in der Runde gab es keinen Nachbarn. Sie war eine hochanständige ältere Frau, und Mut hatte sie auch, denn obwohl sie bei meinem Anblick sehr erschrak, griff sie sofort nach einer Axt und hätte sie gegen jeden Angreifer benützt. Ich erklärte ihr, ich sei gestürzt - Einzelheiten verschwieg ich -, und sie sah mir wohl an, daß mir recht elend war. Wie ein echter Samariter stellte sie keine Fragen, sondern gab mir eine Schüssel Milch mit einem Schuß Whisky drin und ließ mich ein Weilchen an ihrem Küchenfeuer sitzen. Sie hätte mir auch ein nasses Tuch auf die Schulter gelegt, aber die tat so weh, daß ich sie nicht anrühren ließ.



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