Die Martinsklause by Ludwig Ganghofer

Die Martinsklause by Ludwig Ganghofer

Autor:Ludwig Ganghofer
Format: epub
Herausgeber: Verlag von Th. Knaur Nachf.


2

In der Morgenstille kam Recka durch den Untersteiner Forst geritten. Ihr Rappe suchte den Heimweg, wie er wollte. Die Reiterin blickte aus ihrem Sinnen erst auf, als das Pferd aus dem Walde hinaustrat auf die Seelände. Beim Anblick des Fischerhauses wollte sie wenden, ließ aber die Zügel wieder sinken. »Fürcht ich mich schon vor ihm?« Zornig auflachend, stieß sie dem Pferde den Stachel in die Flanke, daß es hinjagte über den Sand.

Edelrot, die mit Hilmtrud auf der Hausbank saß, gewahrte die Wazemannstochter. »Recka!« rief sie und eilte zum Hagtor. Als sie auf die Lände trat, war die Reiterin schon im Uferwald verschwunden. »Recka!« Edelrot lief der Ache zu; auf der Brücke holte sie die Wazemannstochter ein. »Recka? Kennst du deine Gesellin nimmer?«

Recka verhielt das Pferd und sah mit halbgeschlossenen Augen auf das Mädchen nieder. »Wer bist du?«

»Aber Recka! Ich bin's! Deine Treugesellin!«

»Du bist deines Bruders Schwester, mehr weiß ich nit von dir!«

Erblassend trat Edelrot zurück und streifte den Goldring, den sie von Recka empfangen, von ihrem Finger. »Wenn du um meines Bruders willen mich nimmer kennen magst, so nimm auch den Reif wieder, den du mir gegeben hast.« Sie legte den Ring in Reckas Hand. »Tu, wie du magst, lös deine Treu von mir, die meine soll dir bleiben, solang ich leb.«

Schritte klangen im Wald. Sigenot kam unter den Bäumen hervorgesprungen und faßte die Hand der Schwester. »Wie hast du vergessen können, was ich dich geheißen hab? Du sollst nit weilen außer Tor. Winter liegt her um unseren Hag, und die Wölf gehen um.«

»Aber so schau doch,« flüsterte Edelrot, »ich bin nit allein.«

»Ich seh nur dich.«

Da lachte Recka; sie senkte die Hand, der Ring kollerte über ihren Schoß, fiel nieder und verschwand im schießenden Wasser der Ache. Rötli hatte das Kleinod noch haschen wollen; aber Sigenot hielt die Schwester fest und führte sie mit sich fort.

Recka jagte über den Reitweg empor, daß ihr Rappe zu schäumen begann. Ihr Gesicht war wie versteinert. Als sie das Tor erreichte, hörte sie aus dem Burghof lautes Johlen und schallendes Gelächter. »Sie lachen, und ich möchte schreien vor Schmerz und Zorn!« Den Rappen wendend, nahm sie den Weg wieder talwärts. Hinter ihr schallte das heitere Geschrei, über das sich eine kreischende Stimme hinaushob.

Im Burghof, zwischen Wazemanns Knechten und Mägden, stand Bruder Wampo, der gekommen war, um Eberweins Weisung zu erfüllen und Herrn Waze mit seinem Sohne Henning vor den Richtersitz im Lokiwald zu laden. Unter dem höhnenden Gelächter, das ihn umringte, wickelte er den Rosenkranz um die Linke und zog gleich einem Schwerte das hölzerne Kreuzlein aus dem Gürtel. »So, Jetzt kommet nur an, jetzt bin ich gewappnet!« Er trat den Lachenden entgegen. Bei der Frage nach Herrn Waze schwankte seine Stimme ein bißchen. Kaum aber hörte er, daß Herr Waze mit seinen Söhnen ins Gejaid gezogen wäre, da richtete er das runde Köpfl auf, und es wuchs ihm der Mut. Mit hohen Worten verkündete er die Wichtigkeit seiner Sendung. »Und ich rat euch, erweiset mir alle Freundlichkeit, auf daß ihr eurem Herrn einen guten Fürsprech an mir gewinnet! Er kann ihn brauchen.



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