Die Ketzer by Jeremiah Pearson

Die Ketzer by Jeremiah Pearson

Autor:Jeremiah Pearson [Jeremiah Pearson]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2016-07-21T22:00:00+00:00


30.

Kristina

Wieder stand der Winter vor der Tür, der erste Schnee war bereits gefallen. Die Singvögel waren verschwunden, und die nun stillen Felder waren zweimal nach übrig gebliebenem Getreide abgesucht worden, die Wälder von den Kindern der letzten Beeren und Nüsse beraubt. Jeder arbeitsfähige Dorfbewohner war damit beschäftigt, Vorräte anzulegen.

Im Frühling hatten die Männer Bäume gefällt, um Brennholz zu gewinnen, aber auch, um Wege zu verbreitern oder Felder zu vergrößern. Sie hatten die Äste und Zweige an den Stämmen gelassen, damit das Holz schneller trocknete. Jetzt, im Spätherbst, schlugen sie die toten braunen Äste ab und spalteten das Holz mit Hämmern und Keilen.

Wie die anderen Kinder trug Peter lange Wollhosen und half beim Herausziehen der geschnittenen Äste. Splintholz wurde zu Spänen verarbeitet. Ochsen zogen die schweren Holzkarren. Ganz Giebelstadt arbeitete Hand in Hand. Die Burg hatte die erste Wahl an trockenem Holz, gefolgt von Merkel dem Schmied, der Holzkohle für seine Esse brauchte. Kristina hatte so viel Gemeinsinn nicht einmal bei den Nonnen im Konvent erlebt.

Lura erzählte ihr, dass andere Hörige herabgefallene Zweige aufsammelten oder Torf schnitten für Herdfeuer. Die Giebelstädter hatten Glück: Dietrichs milde Herrschaftsführung hatte weiterhin Bestand, und seinen Hörigen war der Zugang zu den kostbaren Bäumen erlaubt.

»Ein gutes Jahr, was das Fällen angeht«, sagte Lura. »Kein Mann von einem Baum zerschmettert, keine von Äxten abgeschlagenen Gliedmaßen.«

Für die Burgküche wurde das beste Spaltholz in den Holzschuppen gekarrt. Lura und Leta sortierten es nach Länge und Dicke, und Kristina half ihnen, es ordentlich zu stapeln.

Die Feuer in den steinernen Kaminen hatten etwas Beruhigendes für Kristina, denn sie fürchtete die länger werdenden Nächte und die blasse Sonne. Es war, als würde Gott sich endgültig von der Menschheit abwenden. Mit den kalten Winden kam eine unergründliche Sehnsucht, die sie tief betrübte. Manchmal des Nachts hielt sie den schlafenden Peter auf dem Schoß und tat so, als kämen die Tränen auf ihren Wangen von der Hitze des Feuers.

Das Tageslicht verlor seine Farbe. Die blauen Vergissmeinnicht auf Bertholds Grab waren verwelkt und zu braunen Ranken vertrocknet, die Kristina wie immer um diese Zeit entfernte. Das Grab selbst sank jedes Jahr ein wenig tiefer ein, und der weiche Umriss des Rechtecks war deutlich im Gras zu sehen.

Im ganzen Dorf hing der Geruch der geschlachteten Tiere in der Luft. Tiere, die im nächsten Frühling nicht mehr trächtig werden konnten, wurden geschlachtet, in Stücke zerlegt und geräuchert oder eingekocht. Männer und Frauen mit blutigen Händen und Gesichtern arbeiteten fleißig, um Wintervorräte anzulegen. Kristina hörte, dass Waldo zwei der ältesten Stallpferde an einen Fleischer in Würzburg verkauft hatte, um von dem Erlös Getreide zu erstehen, das helfen sollte, den Winter zu überdauern.

Doch Waldo weigerte sich, das älteste seiner Pferde zu verkaufen, das lahmte und längst sein Gnadenbrot erhielt.

Das Tier war Dietrichs Schlachtross gewesen.

*

Während Kristina ihren Pflichten in der Burg nachging, befreiten ihre Brüder und Schwestern die alte Steinscheune draußen im Wald von Ranken und Gestrüpp, dichteten das Dach ab, ersetzten verrottete Träger und stopften jedes Loch und jede Ritze mit Stroh. Sie arbeiteten in der Kälte, eingehüllt in



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