Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte by Rafik Schami

Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte by Rafik Schami

Autor:Rafik Schami [Schami, Rafik]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: Hanser
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Der verliebte Dschinn

»Ihr werdet kaum glauben, was ich mit dem Dschinn erlebt habe«, wiederholte Adnan in jener Nacht. »Vor einem Monat fand ich in einer alten Ruine nicht weit von Katana eine bronzene Lampe. An diesem Tag hatte ich Probleme mit dem Motor meines Lastwagens. Ich rief bei meiner Werkstatt in Damaskus an, und sie schickten mir einen Mechaniker. Er sei in einer Stunde da, sagte der Werkstattmeister am Telefon. Um die Wartezeit zu verkürzen, schlenderte ich in der Gegend umher. Da sah ich in der Ferne eine Ruinenstadt, eine der vielen aus der Zeit der Griechen oder noch älter. Dort angekommen, wunderte ich mich über einen Teich hinter einer kreisrunden Mauerruine. Das Wasser war voller Algen. Ich ging einmal um den Teich herum, und gerade als ich zu meinem Lastwagen zurückgehen wollte, entdeckte ich plötzlich eine bronzene Lampe am Ufer, eigentlich eine billige Öllampe, interessant vielleicht für Touristen, denn sie war mit schönen Kalligraphien ausgestattet. Der Algen wegen konnte ich den Spruch allerdings nur mühsam entziffern: Deine Haftzeit ist die Ewigkeit. Das stand darauf. Und nun wollte ich die Lampe meiner Frau schenken. Ihr kennt Samia. Sie liebt solche geheimnisvollen Sprüche.

Ich rieb den Schmutz weg, und plötzlich strömte weißer Rauch aus dem Schnabel der Lampe. Der Rauch wurde immer dichter, er stieg wie ein Baum in den Himmel. Es dauerte nicht lange und die Wolke formte sich zu einem Dschinn. Ich empfand Angst und Freude zugleich. Angst vor der Gewalt dieses großen Unwesens und Vorfreude auf die Erfüllung meiner Wünsche. Bald aber war die Angst der Überraschung gewichen. Denn der Dschinn setzte sich auf die Ruinenmauer und weinte bitterlich, wie ein verlassenes Kind. Ich wusste vor lauter Verwunderung nichts Vernünftiges mehr zu sagen.

›Willst du ein Bonbon, einen Schluck Wasser, eine Zigarette?‹, hörte ich mich sagen, als würde ein Fremder sprechen. Er schüttelte nur den Kopf und weinte noch lauter.

Die Gier befreite mich aus meiner Erstarrung und weckte meine Instinkte. ›Drei Wünsche habe ich schon lange‹, rief ich.

›Wünsche, Wünsche, Wünsche!‹, heulte der Dschinn. ›Alle wollen nur ihre Wünsche erfüllt haben, und niemand, keiner in Tausenden von Jahrhunderten, denkt daran, auch mir einmal einen Wunsch zu erfüllen.‹

Ich war sprachlos, trotzdem heuchelte ich: ›Und wie kann ich dir helfen? Vielleicht erfülle ich dir deinen Wunsch, und dafür machst du mich glücklich und reich.‹

›Das ist ein Wort‹, sagte der Geist und hörte auf zu weinen. ›Ich bin bis in den hintersten Winkel meines Herzens in Abirjasmin verliebt. Sie ist die schönste Fee, aber sie liebt den widerwärtigen Schamhuresch, nur weil er mächtiger ist. Hilf mir bitte, rede mit ihr oder töte Schamhuresch!‹

›Warum tötest du ihn nicht selbst?‹

›So sehr wir auch prahlen – aber das kann nur ein Mensch. Sobald der Mensch körperlos wird, kann er in der Unterwelt jeden Geist besiegen. Kannst du das für mich tun?‹

›Aber wie soll ich körperlos werden?‹, fragte ich verdutzt.

›Indem du stirbst. Du musst einfach nur Selbstmord begehen, und ich begleite dich dann zu unserem Reich. Dort wirst du keine Mühe haben, Schamhuresch zu töten und mich zum glücklichen Herrscher zu machen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.