Die Einherjer: Drachenblut (German Edition) by Pascal Wokan

Die Einherjer: Drachenblut (German Edition) by Pascal Wokan

Autor:Pascal Wokan [Wokan, Pascal]
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2020-05-16T16:00:00+00:00


Skrymir

Heute

Kaupaloki ist das Handelszeichen, das in ein Täfelchen aus Buche geritzt und an der Brust getragen wird, um Handel und Geschäfte gedeihen zu lassen.

»Scheiße«, fluchte ich.

Es gab jede Menge Gründe, weshalb ein Mann »Scheiße« sagen konnte. Das war ja das Schöne an dem Wort. Es konnte alles ausdrücken, je nach Lage: Entsetzen, Schmerz, Schock, Angst, Sorgen. Es passte immer. Schließlich erhob sich vor uns ein Riese, der aus den Legenden getreten war, um mich dorthin zu schicken, wo ich hergekommen war.

Das erste, was ich sah, waren seine Füße, die so groß wie ein Wagenrad waren. Dann folgte sein stämmiger, riesiger Körper, mit dicken Muskelsträngen, die unter der hellblauen, verdreckten Haut hervortraten, und teils mit feiner Frostschicht bedeckt waren. Nackte Beine, nackte Arme, nackte Brust. Sein Lendenschurz war ein zerfleddertes, dreckiges Ding aus altem Leder, der Beschaffenheit nach zu urteilen aus der Haut eines Skralls, und quer über die Brust hingen rostige Kettenglieder, die sich auch um seine viel zu langen Armen wickelten, die in verkrümmten Klauen endeten. Sein Kopf war von feinen weißen Eiskristallen umgeben, feucht schimmernde Hauer ragten aus seinem Mund, das ungeschlachte Gesicht vor Wut verzerrt. Am meisten nahmen mich aber die Augen gefangen, in denen weißer Nebel umhertrieb, als würde der Winter dort wohnen.

Vor uns stand ein Frostriese.

Während ich ihn betrachtete, war ich wie erstarrt. Ich wollte mich bewegen, meine Axt heben und ihm das Gesicht zertrümmern, aber mein Körper gehorchte nicht. Ich konnte mich nicht bewegen, war wie angewurzelt, und fragte mich unwillkürlich, ob alles nur ein schlechter Albtraum war. Furcht ging von dem Ungeheuer aus, wie dicke, träge Suppe, sickerte in meinen Körper, durchdrang meine Knochen, und ich spürte die Kälte, die mit nichts zu vergleichen war. Sie umgab ihn wie eine flirrende Wolke, kroch wie Sirup über den gefrorenen Boden und streckte nebelartige Fühler nach mir aus.

»Hva gjør du i hjemlandet mitt, kjøtt sekk?«, drang es aus seinem gewaltigen Schlund, mit einer Stimme, die so alt und tief wie die Berge klang. Es war die alte Sprache, einige Wörter waren härter betont, und bedeutete so viel wie: »Was tust du in meiner Heimat, kleiner Fleischsack?«

Obwohl mein Körper danach schrie, mich möglichst weit zu entfernen, machte ich einen Schritt auf ihn zu. Ich musste schlucken. Mein Herz donnerte in der Brust. »Dette er ingen av virksomhetene dine, stygg drittsekk!«, grollte ich. Vielleicht war es nicht die schlaueste Idee, ihm zu sagen, dass ihn das nichts anging – ihn ein dreckiges Arschloch zu nennen vermutlich auch nicht –, aber die Worte hatten meinen Mund verlassen, ehe ich begriff, was ich gesagt hatte.

Der Riese legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend. Harr, harr, harr, als würde ein Gebirge seinen Inhalt ausspucken. Damit hatte wohl keiner von uns gerechnet. Ich tauschte einen schnellen Seitenblick mit Krähe, der ebenfalls überfordert war, und bemerkte Seher, der sich durch den Schnee kämpfte und auf uns zuhielt.

Als der Riese sich wieder beruhigt hatte, ging er in die Knie, aber selbst dann überragte er uns um mindestens zwei Alen. »Du hast Mut, kleiner Mensch«, sagte er in der alten Sprache.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.