Die Dreizehnte Fee: Entschlafen by Julia Adrian

Die Dreizehnte Fee: Entschlafen by Julia Adrian

Autor:Julia Adrian [Adrian, Julia]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-95991-233-4
Herausgeber: Drachenmond Verlag
veröffentlicht: 2016-08-05T00:00:00+00:00


Der verfluchte Prinz

Eine Tafel, gedeckt mit Tellern und Bechern aus Gold, getaucht in funkelnden Kerzenschein. Doch die Platten, die einst vor Essen strotzten, sind elendig leer. Kein Braten, kein Gemüse, nur schleimige Pampe, gestreckt mit Wasser und Mehl, füllt die Teller und nur spärlich die Bäuche der Hungernden. Sie fallen fast von den Stühlen, als ich am Kopfende auftauche. Erst leuchtet Überraschung in ihren Augen, dann nackte Furcht. Es fühlt sich gut an. Vertraut.

Der König am anderen Ende des Tisches erhebt sich langsam und starrt mich mit mühsamer Beherrschung an. Auf seinen Befehl zücken die Soldaten die goldenen Schwerter und stürmen herbei. Mitten im Lauf lasse ich sie erstarren, bin selbst überrascht, wie leicht es ist. Jetzt ziehen auch die Prinzen die Waffen, erheben sich von dem Mahl, das noch kläglicher ist, als ich es in Erinnerung habe.

»Odette?«

Prinz Ferdinand steht mir am nächsten. Er wirkt verwirrt und zugleich unsäglich müde. Ein Blick in die Runde offenbart mir das gesamte Ausmaß der Not. Die Lage hat sich nicht verbessert. Die erstarrten Soldaten in den goldenen Uniformen wirken blass und schmächtig, die Prinzen hohlwangig und erschöpft, selbst Ferdinand scheint geschrumpft.

»So sehen wir uns wieder, Prinz.« Ich schenke ihm ein vages Lächeln, das kaum bis zu den Augen reicht.

»Aber Ihr … Ihr seid plötzlich verschwunden!« Er unterbricht sich und mustert mich eingehend. Erkennt er diesmal, wer ich bin? Wer vor ihm steht? Doch er fragt nur: »Wie ist das möglich?«

»Alles ist möglich«, antworte ich süffisant und wende mich dem König zu, dessen Schultern vor Wut beben. Seine Söhne und Edelmänner stehen mit gezogenen Schwertern um den Tisch, wartend auf seinen Befehl. Die Furcht ist ihnen deutlich in die Züge geschrieben. Ihre erbärmlichen Herzen rasen, so sehr ängstige ich sie.. Es nährt meine Magie und das tiefe Schnurren in meiner Brust.

»Ich suche eine Prinzessin«, sage ich langsam und betont. »Ein scheußliches Mädchen, ganz in Pech und Asche gehüllt. Sie besaß einst eine Kugel, eine goldene. Ich wette doch, sie stammt von hier. Nicht wahr, König? Seid so gütig und verratet mir, wo ich sie finden kann.«

Seine Kiefer mahlen. »Ihr seid eine Hexe«, spricht er schließlich aus, was alle schon ahnen.

»Oh, nicht irgendeine«, verbessere ich. »Ich bin die Dreizehnte Fee.«Jemand keucht und ich erkenne, dass es Prinz Ferdinands Frau ist, die ein kleines Bündel ängstlich an sich presst. Sie hat das Kind bekommen und es lebt. Noch lebt es.

»Sieh an, Nachwuchs, was für eine freudige Botschaft«, rufe ich aus und trete näher. Sofort stellt sich Prinz Ferdinand schützend vor Frau und Kind.

»Na, na, na«, tadle ich sanft. »Ich werde doch wohl einen Blick auf den Jungen werfen dürfen, wo ich doch so etwas wie die Patin dieser Stadt und all ihrer Lebewesen bin.« Mein Lachen füllt den Raum, der gespenstisch still geworden ist. Nur die Frau wimmert, starr vor Angst. Das Baby beginnt zu weinen.

»Verschwindet!«, zischt der König.

Ich löse den Blick von den zartrosa Händen, die aus dem Bündel hervorlugen, und betrachte eingehend das zerknitterte Hemd Prinz Ferdinands, streiche ein imaginäres Staubkorn von seinem Ärmel. Stocksteif steht er da, während ich mit seinem Vater feilsche, um sein Leben, um das ihrer aller.



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