Die Diktatur der Moral - Wie »das Gute« unsere Gesellschaft blockiert by Günter Ogger

Die Diktatur der Moral - Wie »das Gute« unsere Gesellschaft blockiert by Günter Ogger

Autor:Günter Ogger [Ogger, Günter]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783423427487
Herausgeber: Deutscher Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2015-04-25T16:00:00+00:00


Wissenschaft: Der Konkurrenzkampf unter den Forschern ist größer denn je, die Karriere jedes Einzelnen von seinen publizierten Arbeiten abhängig. Dies und der Einfluss externer Geldgeber führt zu einer Vielzahl redundanter, nicht selten auch verfälschter Ergebnisse.

Beispiel A: Im September 2012 veröffentlichte die Fachzeitschrift ›Food and Chemical Toxicology‹ die Ergebnisse einer Studie des französischen Wissenschaftlers Gilles-Eric Séralini, aus der hervorging, dass Ratten, die man mit Genmais der Sorte NK603 des Monsanto-Konzerns gefüttert hatte, früher und schneller starben als eine Vergleichsgruppe von Tieren, der herkömmliche Nahrung zugeführt wurde. Hurra, ein neuer Beweis für die Schädlichkeit der Gentechnik war gefunden. Bald stellte sich heraus, dass die Studie von vornherein so angelegt war, dass das gewünschte Ergebnis erreicht wurde. Die mit Genmais gefütterten Ratten neigten im Alter ohnehin zur Krebserkrankung; es wurden sehr alte Tiere ausgewählt. Die Vergleichsgruppe hingegen bestand aus sehr wenigen, jungen und kräftigen Tieren, die abwechslungsreiche Kost bekamen. Nach eingehender Prüfung erklärte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): aufgrund »schwerwiegender Mängel im Hinblick auf Design und Methodik« erfülle die Studie »nicht die anerkannten wissenschaftlichen Standards«. Im November 2013 zog die Fachzeitschrift die Studie zurück, doch kaum jemand nahm Notiz davon.

Beispiel B: Im Juni 2013 veröffentlichte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die aufsehenerregende Nachricht, dass bei 90 Prozent der europäischen Bevölkerung Rückstände des Pflanzengifts Glyphosat im Urin gefunden worden seien. Das Resultat basierte auf Stichproben bei 182 Probanden aus 18 europäischen Ländern im Alter zwischen 18 und 65 Jahren und suggerierte höchste Gefahr durch Pflanzenschutzmittel. Presse und Fernsehen verbreiteten die Tatarenmeldung. Tatsächlich lagen die gemessenen Werte weit unter jeglicher Gefährdungsgrenze. Das Wirtschaftsforschungsinstitut RWI kürte die BUND-Studie zur »Unstatistik des Monats« und vermerkte, mit modernen Messmethoden finde man »überall alles«. Das Bundesinstitut für Risikobewertung nahm sich die Studie ebenfalls vor und gab Entwarnung: Die festgestellten Werte stellten »weder eine gesundheitlich bedenkliche Belastung noch einen Grund zur Besorgnis« dar. Deren Text aber wurde kaum gelesen.

Medien: Nichts ist Journalisten mehr zuwider als ein komplexer Sachverhalt, denn sie wissen, wie schnell die Zuschauer/Leser umschalten bzw. weiterblättern. Also wird zugespitzt und personalisiert, bis die gewünschte Story »steht«. Beim Kampf um Aufmerksamkeit zählt nicht Genauigkeit, sondern Provokation. Eine differenzierte Betrachtung der Tatsachen stört, also wird darauf verzichtet. Der Wahrheit fühlt man sich weniger verpflichtet als dem Arbeitgeber, der Auflage und Quote. Das gilt gleichermaßen für Gedrucktes wie fürs TV.



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