Die Baumwollpflücker by B. Traven

Die Baumwollpflücker by B. Traven

Autor:B. Traven [B. Traven]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


25

Señor Doux schluckte, als er den kleinen Raum des Sekretärs betrat. Er hatte beabsichtigt, dem Sekretär gleich fest in die Augen zu sehen; aber er kam nicht dazu. Denn hinter dem Sekretär war über die ganze Wand eine Fahne, zur Hälfte rot, zur andern Hälfte schwarz, gespannt, und darüber stand in dicken Lettern: Proletarios del mundo, unios! (Proletarier aller Länder, vereinigt euch!)

Das machte Señor Doux ganz und gar verwirrt. Er hatte plötzlich den Eindruck, als ob da vor ihm nicht der Sekretär sitze, sondern alle Kellner der ganzen Welt ihn wütend anblickten. Seine Stimme, die so fest sein sollte, klang recht zaghaft, als er nun sagte: «Guten Tag, ich bin Señor Doux vom Cafe La Aurora.»

«Gut. Setzen Sie sich. Was wünschen Sie?» fragte der Sekretär.

«Ich möchte gern wissen, ob Sie veranlassen können, daß mein Cafe wieder geöffnet wird.»

«Das können wir veranlassen», erwiderte der Sekretär. «Sie brauchen nur die Bedingungen zu erfüllen.»

«Oh, ich bin bereit, alles zu bewilligen, was die Kellner fordern.»

Der Sekretär nahm einen kleinen Zettel, warf einen Blick darauf und sagte: «Die Forderungen sind nicht mehr die gleichen, die gestellt wurden, als die Kellner Ihnen die Mitteilung machten.»

«Nicht mehr die gleichen?» schluckte Doux erschreckt.

«Nein. Es sind fünfzehn Pesos die Woche», sagte der Sekretär geschäftsmäßig.

«Die forderten aber nur zwölf.»

«Das ist leicht möglich. Aber dann wurde gestreikt. Und Sie verlangen doch nicht etwa, daß die Leute umsonst streiken. Jetzt macht es fünfzehn. Hätten Sie gleich bewilligt, wäre es bei zwölf geblieben.»

«Gut», erwiderte Doux, sich aufrichtend, «ich bewillige die fünfzehn Pesos.»

«Freitag ist Zahltag. Freitags für die ganze Woche. Diese unpünktlichen Zahlungen können wir nicht mehr zulassen.»

«Aber das kann ich nicht so ohne weiteres tun. Wir haben das immer so gemacht, daß wir zahlten, wenn wir das Geld eben gerade dazu frei hatten.»

Der Sekretär sah auf: «Was Sie immer getan haben, geht uns nichts an. Wir bestimmen, was Sie von nun an zu tun haben. Mit dieser alten Wirtschaft, wie sie Hunderte von Jahren bestanden hat, wollen wir nun endlich ein Ende machen. Da ist die Arbeit, hier ist der Lohn. Ebenso pünktlich, wie Sie die Arbeit von den Leuten verlangen, haben Sie den Lohn zu zahlen!

«Das wird aber schwer gehen», verteidigte Doux seine Position. «Dann fehlt mir oft das Geld für Einkäufe.»

«Das kümmert uns nicht. Löhne gehen vor, sonst fehlen den Leuten die Pesos, um ihre Einkäufe zu machen. Und wir denken, es ist besser, daß Ihnen das Geld für Einkäufe fehlt als den Arbeitern.»

Señor Doux atmete schwer. «Aber am Sonnabend ist doch erst die Woche um. Warum soll ich da Freitag schon den Lohn zahlen?»

«Warum? Warum? Ist Ihnen denn das nicht klar?» Der Sekretär tat ganz erstaunt. «Der Arbeiter borgt Ihnen ja sowieso schon fünf Tage Lohn. Er gibt Ihnen seine Arbeitskraft fünf volle Tage, während Sie mit dem Kapital Geschäfte machen. Wie kommt denn der Arbeiter überhaupt dazu, Ihnen fünf Tage Arbeit zu borgen? Eigentlich sollten Sie Montag früh im voraus für die ganze Woche bezahlen, das würde sich gehören. Aber so weit wollen wir nicht gehen.»

«Gut, also damit bin ich auch einverstanden.



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