Devil--Alex Cross 21 by James Patterson

Devil--Alex Cross 21 by James Patterson

Autor:James Patterson
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag


64 Ich beendete das Telefonat mit Marcus Sunday und hatte das Gefühl, wieder einmal in einer Sackgasse gelandet zu sein. Warum hatte ich ihn überhaupt angerufen? Nicht einmal das FBI und die Polizei waren bei ihren Ermittlungen auf den Namen Thierry Mulch gestoßen, also wieso dann ausgerechnet Sunday?

Weil du nach dem letzten Strohhalm greifst, Alex.

Kaum hatte ich das gedacht, wurde ich wütend auf mich selbst. Wieso eigentlich nicht? Natürlich griff ich nach dem letzten Strohhalm. Seit zehn Tagen war meine Familie spurlos verschwunden. Seit zehn Tagen ließ Mulch mich wie eine Marionette tanzen und gab den grausamen Puppenspieler. Ich hätte nach jedem Strohhalm, nach jedem Bindfaden, nach jedem Gedanken gegriffen, wenn er mir geholfen hätte, Bree, Nana Mama, Damon, Jannie oder Ali zu finden.

Aber jetzt ging es schon auf Mitternacht zu, und mir wurde klar, dass ich nichts mehr unternehmen konnte, dass es keinen Strohhalm mehr gab, nach dem ich greifen konnte. Ich stellte mein Handy stumm und fiel in einen tiefen Schlaf.

Kurz nach drei Uhr morgens wachte ich völlig zerschlagen auf und versuchte, wieder in diese tiefe, dunkle Atempause jenseits der Wirklichkeit hinabzutauchen. Doch stattdessen landete ich in irgendwelchen Träumen, wo Mulch in Gestalt des rotbärtigen Mannes, der an Alis Schule gewesen war, im Schneesturm am Haus der Daleys entlangschlich. In der Hand hielt er das Messer, mit dem er die Mutter, die ihn verlassen hatte, ermorden würde. Dann war er im Inneren des Hauses, schlich wie ein gehässiger Kobold an einem leuchtenden Weihnachtsbaum vorbei, stieg die Treppe hinauf, stieß die erste Zimmertür auf. In einem Doppelbett, unter den Bettdecken, lagen Gestalten.

Als Mulch die Decken zurückzog, sah ich die Frau dort liegen, die jetzt im Haus der Daleys wohnte. Neben ihr lag nicht ihr eigener Sohn, sondern Ali, zusammengekauert wie ein Embryo. Mulch legte ihm die Klinge an den Hals und riss sie mit einem Ruck zurück. Blutiger Nebel erfüllte die Luft.

Im Traum schrie ich laut auf und wirbelte herum, rannte den Flur entlang ins nächste Zimmer. Aber irgendwie war Mulch schon da und hatte auch Jannie und Damon bereits getötet. Der Flur wurde immer länger und länger, und ich rannte und rannte und versuchte alles, um Bree zu beschützen.

Doch noch bevor ich in ihrem Zimmer war, kam Mulch zur Tür heraus, den Blick lächelnd auf die bluttriefende Klinge gerichtet. Dann winkte er mir zu, ihm ins letzte Zimmer zu folgen.

Als ich dort war, stand er neben meiner Großmutter, die genauso aussah wie damals, als sie mich als zehnjährigen Jungen abgeholt hatte: der liebevolle, aber keinen Widerspruch duldende Blick, die resolute Lehrerinnen-Haltung, das blaue Kleid mit der farblich abgestimmten Handtasche und dem Hütchen, dazu die weißen Sonntagshandschuhe.

Als ob sie Mulch, der ihr bereits das Messer an den Hals führte, gar nicht wahrnahm, blickte Nana Mama mich an und sagte leise: »Alex, bist du bereit für ein neues Leben?«

»Nein«, sagte ich.

»Nein?«, schimpfte meine Großmutter sanft. »Dann stimmt etwas mit deinen Gedanken nicht, junger Mann. Das ist der entscheidende Unterschied, wenn es so weit ist. Die Gedanken sind das, was uns ausmacht.



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