Deutsch by Peter Kohrs

Autor:Peter Kohrs
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Cornelsen Scriptor
veröffentlicht: 2015-03-27T00:00:00+00:00

3.8 Junges Deutschland, Vormärz und Biedermeier (um 1815–1849)

Historische Zusammenhänge

Der für die Zeit von 1815 (Wiener Kongress) bis zur Märzrevolution (1848) zentrale Begriff heißt Restauration. Der Begriff kennzeichnet den Versuch, die Zustände vor der Französischen Revolution, d. h. die alte feudale Ordnung, wiederherzustellen. Die Politik der Restauration ist besonders geprägt vom österreichischen Staatskanzler Fürst Metternich. Nationale und liberale Bewegungen (des Bürgertums), die als Gefahr für die Macht der Fürsten und die bestehenden Verhältnisse gelten, werden mithilfe der Zensur unterdrückt. Mit den Karlsbader Beschlüssen (1819) wird die Pressefreiheit aufgehoben und die Zensur von Büchern und Zeitschriften verfügt. Demagogen (Volksverführer) werden verfolgt (Bespitzelung, Berufsverbot, Ausweisung und Emigration, Freiheitsstrafe).

Die Zeit des Vormärz 1830–1848 (der Begriff nimmt Bezug auf den Ausbruch der Revolution im März 1848) bringt eine zunehmende Politisierung des Bürgertums (Gegenbewegung zur Restauration: Kritik gegenüber dem System Metternich; liberale Forderungen, ➚ S. 129).

Kennzeichen der Epoche

Die zunehmende Kommerzialisierung des literarischen Marktes ist bedingt durch ein gesteigertes Informationsbedürfnis breiter Bevölkerungskreise; Zeitungen, Zeitschriften und Bücher erleben steigende Auflagenzahlen; die potentielle Leserschaft beträgt bis zu 80 % der Bevölkerung. Um das Lesebedürfnis zu stillen, werden Leihbibliotheken gegründet; allein in Berlin gibt es von 1830–1848 über 600 davon.

Junges Deutschland

Den jungen Literaten und Journalisten der Richtung Junges Deutschland (der Name versteht sich als Abgrenzung zum „alten“ Deutschland) geht es um politisches Engagement. Wichtigste Vertreter dieser Richtung sind Heinrich Heine, Karl Gutzkow, Heinrich Laube; sie werden insbesondere durch revolutionäre Ereignisse (Julirevolution 1830 in Frankreich; Bürgerprotest beim Hambacher Fest, 1832; Sturm auf die Frankfurter Hauptwache, 1833; Weberaufstand, 1844; Revolution in Frankreich und Deutschland, 1848) angeregt und kämpfen für Liberalismus und sozialen Fortschritt, gegen Feudalismus und Adelsgesellschaft, gegen erstarrte Moralvorstellungen. Wichtigstes Instrument in diesem Kampf wird die Presse.

Die Generation der jungen Literaten und Journalisten, die der Romantik nachfolgt, kennzeichnet das Bewusstsein von der verlorenen Einheit der Welt (Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit); sie grenzen sich von der Klassik und der Romantik (Vorwurf der Weltfremdheit und mangelnder gesellschaftlicher Relevanz) ab. Die Literatur soll bewusst populär sein und Wirkungen erreichen. Eine Sonderrolle spielt dabei der deutsche Dichter und europäische Kosmopolit Heinrich Heine, dessen widersprüchliche und zugleich faszinierende Wirkung nur aus seinem komplexen Gesamtwerk (Dichtung: Lyrik/Prosa; Publizistik: Essay/Feuilleton) zu verstehen ist. Eine besondere Stellung nimmt auch Georg Büchner (➚ S. 131, 135) ein, der in seinen politischen Ansichten den Jungdeutschen nahesteht, mit seinem literarischen Werk, vor allem den Dramen (Woyzeck, Dantons Tod) weit über seine Zeit hinaus wirkt, bis hin zum Naturalismus (soziales Drama ➚ S. 135) und Expressionismus (Sprengung der traditionellen Formen ➚ S. 141). Georg Büchner führt den „negativen Helden“, den Antihelden, der als sozial deklassierter Mensch zum Opfer seiner Umwelt wird, in das Drama ein (Woyzeck). Die Literatur der Jungdeutschen wird im Jahre 1835 durch einen Beschluss der deutschen Bundesversammlung in Frankfurt verboten.

Vormärz

Die politisch engagierte Bewegung des Vormärz (➚ S. 128) wird angestoßen durch die französische Julirevolution 1830. Einen wichtigen Schwerpunkt der z. T. radikal-demokratisch orientierten Autoren bilden politische Schriften (politische Lyrik; politische Publizistik). Vertreter sind vor allem Ludwig Börne, Georg Herwegh, Georg Weerth, Ferdinand Freiligrath. Damit entsteht erstmals eine theoretisch reflektierte Literatur, die sich scharf von den Literaturkonzepten der Goethezeit abgrenzt.

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