Der Weg zur Knechtschaft (B00MINOS5K) by Friedrich A. von Hayek

Der Weg zur Knechtschaft (B00MINOS5K) by Friedrich A. von Hayek

Autor:Friedrich A. von Hayek [von Hayek, Friedrich A.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lau-Verlag
veröffentlicht: 2014-08-07T04:00:00+00:00


Zehntes Kapitel

DER TRIUMPH DER MENSCHLICHEN GEMEINHEIT

Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.

Lord Acton

Wir müssen nun eine Anschauung untersuchen, mit der viele, die den Totalitarismus für zwangsläufig halten, sich trösten, eine Anschauung, die den Widerstand vieler anderer, die ihn mit aller Macht bekämpfen würden, wenn sie sich über sein Wesen völlig klar wären, in gefährlicher Weise schwächt. Nach dieser Ansicht wären die abstoßendsten Züge der totalitären Staaten auf die historische Zufälligkeit zurückzuführen, daß diese von Erpresser- und Gaunergesindel begründet worden sind. Wenn mit dem totalitären Regime, so argumentiert man, in Deutschland Leute wie Streicher, Killinger, Ley, Heines, Himmler und Heydrich an die Macht kamen, so möge das zwar für die Verworfenheit des deutschen Charakters sprechen, aber es beweise nicht, daß der Aufstieg solcher Menschen die notwendige Folge eines totalitären Regimes sei. Warum sollte es nicht möglich sein, daß anständige Menschen ein derartiges System zum gemeinen Besten verwenden, wenn es zur Erreichung wichtiger Ziele unvermeidlich ist?

Wir dürfen uns nicht einreden, daß alle rechtschaffenen Menschen Demokraten sein oder unbedingt den Wunsch haben müßten, sich an der Regierung des Landes zu beteiligen. Viele würden es ohne Zweifel vorziehen, jemand anders damit zu betrauen, den sie für geeigneter halten. Es ist nicht schlecht oder ehrenrührig, eine Diktatur der Guten zu billigen, wenn es auch unklug sein mag. Wir bekommen bereits heute zu hören, daß Totalitarismus ein machtvolles System zum Guten wie zum Bösen sei und daß es ausschließlich von den Diktatoren abhänge, zu welchem Zweck es gebraucht werden würde. Und diejenigen, die glauben, daß wir nicht das System als solches zu fürchten brauchen, sondern nur die Gefahr, daß es in die Hände von schlechten Menschen fallen könnte, möchten sogar auf den verführerischen Gedanken kommen, daß man, um jene Gefahr abzuwenden, dafür sorgen müsse, daß der Totalitarismus zur rechten Zeit von den Guten begründet wird.

Zweifellos würde ein englisches „faschistisches“ System sich stark von dem italienischen oder deutschen Vorbild unterscheiden, und sicherlich könnten wir damit rechnen, daß uns als Führer ein besserer Typ beschieden sein würde, vorausgesetzt, daß der Übergang nicht gewaltsam erfolgt. Und wenn ich schon unter einem faschistischen Regime leben müßte, so würde ich zweifellos lieber unter einem englischen Faschismus als unter dem irgendeiner anderen Nation leben. Doch all dies bedeutet nicht etwa, daß ein englisches faschistisches System sich nach unsern heutigen Wertmaßstäben letzten Endes sehr von seinen Vorbildern unterscheiden oder sehr viel erträglicher als diese sein würde. Alles spricht dafür, daß die Dinge, die uns als die übelsten Seiten der heutigen totalitären Systeme in die Augen fallen, keine zufälligen Nebenprodukte sind, sondern Erscheinungen, die der Totalitarismus früher oder später unweigerlich hervorbringen muß. So wie der demokratische Staatsmann, der daran geht, das Wirtschaftsleben zu planen, bald vor die Wahl gestellt sein wird, sich entweder zum Diktator aufzuwerfen oder aber seine Pläne aufzugeben, so würde der totalitäre Diktator bald nur noch die Wahl haben zwischen dem Bruch mit den gewöhnlichen Gesetzen der Ethik und seinem Fiasko. Gerade aus diesem Grunde ist es wahrscheinlicher, daß in einer Gesellschaft, die sich zum Totalitarismus entwickelt, die Skrupellosen und Abenteurer in ihrem Element sein werden.



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