Der Rosinenkönig by Fredrik Sjöberg

Der Rosinenkönig by Fredrik Sjöberg

Autor:Fredrik Sjöberg [Sjöberg, Fredrik]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch
veröffentlicht: 2015-11-01T16:00:00+00:00


»In der Abenddämmerung schien die gesamte Natur voller Leben und Feuer zu sein, und vielgestaltige Glühwürmchen summten durch die Luft; mal flammten sie flüchtig auf wie elektrische Funken, mal schwebten sie mit anhaltendem Licht vorbei. Das größte dieser Glühwürmchen, oder »lucernas«, wie sie hier genannt wurden, war ein großer Käfer (Elater), mehrere Zoll lang, der mit einem Licht an jedem äußeren Rand der Deckflügel leuchtete sowie mit einem anderen von deutlich gelberer Färbung an der Unterseite. Ich sammelte einen ganzen Haufen davon in meinem Netz, das nach der Heimkehr an die Seile meiner Hängematte gebunden wurde, wo sie mir buchstäblich den Weg ins Bett leuchteten.«

Ford bugs. So werden diese Käfer auf Englisch genannt, weil sie aussehen wie nächtliche Autos mit zwei vorwärtsgerichteten Lichtern und einem gelberen Rücklicht. Ich habe sie selber nie gesehen, war jedoch einmal mit dem Problem konfrontiert, den Namen übersetzen zu müssen. Ford bugs. Ich brauchte nicht lange nachzudenken, bis mir eine Lösung einfiel. Käfer-Käfer.

Ich übersetze nicht mehr. Schäme mich aber immer noch, wegen des Leichtsinns, unter anderem.

*

Bei Herbstbeginn ist Fresno wie eine Halbwüste. Eisen beschrieb die Gegend als eine Steppe, in der nur bei intensiver künstlicher Bewässerung Obst angebaut werden konnte. Die Landschaft an sich gibt nicht viel her und Eisens eigenes Land wurde noch vor der Prohibition in den zwanziger Jahren, die viele Weingüter unrentabel machte, in einen Golfplatz umgewandelt.

Wir fanden schließlich ein Hotel und irrten am nächsten Tag am Stadtrand umher, weil wir hofften, einen der Eukalyptusbäume zu finden, die Eisen gepflanzt haben soll, aber die Hitze war so unerträglich, dass wir nur ungern unser Auto verließen, und da der Besuch der Stadt uns auch ansonsten sinnlos erschien, beschlossen wir, in die Berge zurückzukehren. Ich hatte mich gerade mit der Karte zurückgelehnt, die den Weg zum Sequoia National Park beschrieb, hundert Kilometer in südöstliche Richtung, als sich unsere Pläne plötzlich änderten.

Johanna fiel ein Schild ins Auge, woraufhin sie eine Vollbremsung machte, und zwar mitten in einem Industriegebiet, das selbst an den örtlichen Maßstäben gemessen ungewöhnlich trostlos wirkte. Trotzdem hatte sie Gefallen daran gefunden, Schilder zu lesen, als wäre der Verkehr nicht schon anstrengend genug gewesen, und nun hatte sie eins entdeckt, das verkündete, hier lägen The Forestiere Underground Gardens. Auf einer kleineren Tafel stand des Weiteren, dass in einer halben Stunde eine Führung stattfinden würde. Dieser Ort entpuppte sich als Träger einer Geschichte, und obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, wovon sie eigentlich handelt, glaube ich, dass sie uns etwas über Fresno erzählt. Vielleicht auch über das Exil und die Einsamkeit.

Baldassare Forestiere (1879–1946) war ein armer Einwanderer aus Sizilien, der Anfang des 20. Jahrhunderts nach New York kam, wo er ein paar Jahre als Schwerarbeiter schuftete, bis ihn der Traum von Kalifornien verleitete, nach Westen zu reisen. Er wollte Obstbauer werden wie sein Vater. Land kostete damals noch nicht viel und die Reklame war verlockend, sodass er seine gesamten Ersparnisse in ein paar Hektar vor den Toren Fresnos im San Joaquin Valley investierte. Voller Hoffnungen fuhr er hin – aber welches Glück währt schon ewig.



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