Der Roman eines Konträrsexuellen : Eine Autobiographie by [Anonymous] & Wolfram Setz [[Anonymous] & Setz Wolfram]

Der Roman eines Konträrsexuellen : Eine Autobiographie by [Anonymous] & Wolfram Setz [[Anonymous] & Setz Wolfram]

Autor:[Anonymous] & Wolfram Setz [[Anonymous] & Setz, Wolfram]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, Übersetzung
Herausgeber: Rosa Winkel
veröffentlicht: 1990-12-31T23:00:00+00:00


Nachschrift – Zweites Dokument

IV. Neue Bekenntnisse

Ich habe heute morgen die gestern abend geschriebenen Seiten noch einmal durchgelesen. Ich habe sie nur überflogen und war versucht, sie ins Feuer zu werfen; ich habe es nicht getan, denn sicher hätte ich es nachher bereut. Diese Seiten könnten irgendwelches Interesse für Sie haben; und da ich Ihnen nicht bekannt bin, werde ich nie zu erröten brauchen, sie geschrieben zu haben.

Aus diesem Grunde will ich noch eine Lücke ausfüllen, die ich bewußt aus falscher Scham gelassen habe, die aber Ihrem scharfen Auge sicherlich nicht entgangen wäre. Da ich soviele Greuel gebeichtet habe, kann ich wohl auch andere beichten und mich Ihnen ganz so zeigen, wie ich bin.

Ich hatte Ihnen diese ziemlich schmutzige Erzählung ersparen wollen, doch Sie würden gewiß nicht verstehen, daß ein vollkommen unberührter Jüngling von neunzehn Jahren mit so leichter Mühe einen Mann von fünfundzwanzig verführen konnte, der bereits mehrere Frauen kannte – eine Sache, die mir völlig unbekannt war und ist und die ich auch gar nicht kennenlernen möchte.

Obwohl ich moralisch höchst verderbt war und seit meiner frühesten Jugend von den raffiniertesten Ausschweifungen träumte, verlor ich doch meine sogenannte Unschuld erst im Alter von 16 Jahren. Bis dahin hatte ich mich mit eingebildeten Ausschweifungen und einsamen Genüssen begnügt.

Mein erster Lehrer war ein Freund des Hauses und Jugendfreund meines Vaters ein ehemaliger Kavalleriehauptmann aus Piemont, der alle Kriege in Italien mitgemacht und – so erzählte man – tapfer gegen die Österreicher gekämpft hatte. Er galt für einen vollendeten Wüstling, und man erzählte sich heimlich, er hätte lange Zeit mit einem jungen Manne zusammengelebt und ihm geholfen, drei Viertel seiner Erbschaft aufzuzehren. Dieser Hauptmann lebte von seiner Pension und von zahlreichen Geschäften mit Pferden.

Er war viel gereist und hatte sich lange in Ungarn aufgehalten. Obgleich von niederer Herkunft, verkehrte er doch in den besten Kreisen. Die Damen konnten ihn nicht leiden wegen der geringen Achtung, die er ihnen in seinen Reden und Bewegungen bewies; die Männer, namentlich die Sportler, empfingen ihn mit offenen Armen.

Er besuchte uns manchmal, gab aber zu Anfang kaum acht auf mich. Dennoch fühlte ich mich zu ihm hingezogen und bezeigte ihm viel Sympathie. Er war ein sonnenverbrannter Mann von ungeheurer Größe, von einem Körperbau, der unzerstörbar schien; nur die Muskeln traten hervor, die die Stelle des Fleisches einnahmen, das nicht zu existieren schien. Er war für mich der Typus des alten Haudegen in einem Panzer aus Eisen, und ich habe ihn nie ansehen können, ohne an eine der Gestalten in »Ivanhoe« zu denken. Sein Kopf war prächtig, mager, braun wie der eines Mulatten, mit einer großen, krummen Nase, die leicht nach links geneigt war; seine schwarzen, eingesunkenen Augen schimmerten in seltsamem Glänze; sein langer, schwarzer Schnurrbart ließ einen breiten, spöttischen Mund mit dicken, braunen Lippen und starken, weißen Zähnen sehen. Der riesige Kopf war fast vollständig kahl und nur hinten und an der Seite von einem schwarzen, struppigen Haarkranz bedeckt. Seine Hände standen im Einklang mit seiner Person, die Stimme war rauh und tief, die ganze Gestalt athletisch; seine Kraft herkulisch.



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