Deine Juliet by Shaffer Mary Ann / Barrows Annie

Deine Juliet by Shaffer Mary Ann / Barrows Annie

Autor:Shaffer, Mary Ann / Barrows, Annie
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: Rowohlt
veröffentlicht: 2011-10-23T12:38:11+00:00


Eine Tierliebhaberin

Sally Ann Frobisher an Juliet

15. Mai 1946

Liebe Miss Ashton,

Miss Pribby hat mir erzählt, dass Sie nach Guernsey kommen wollen, um etwas über den Krieg zu erfahren. Ich hoffe, wir werden uns dann auch kennenlernen, aber ich schreibe Ihnen schon jetzt, weil ich gern Briefe schreibe. Ich schreibe überhaupt gern.

Ich dachte mir, vielleicht möchten Sie wissen, welche Demütigung ich während des Krieges erfahren habe – 1943, da war ich zwölf. Ich hatte die Krätze.

Auf Guernsey gab es nicht genug Seife, um unsere Kleidung, unsere Häuser oder uns selbst sauber zu halten. Wir alle litten an der einen oder anderen Hautkrankheit, hatten Schuppen, Pusteln oder Läuse. Ich für meinen Teil hatte die Krätze auf dem Kopf – unter den Haaren –, und sie wollte und wollte nicht verschwinden.

Schließlich sagte Dr. Ormond, ich müsste mir in unserem Krankenhaus den Kopf rasieren und den Schorf wegschneiden lassen, damit der Eiter abfließen kann. Ich hoffe, Sie müssen nie so etwas Peinliches erleben wie einen kahl geschorenen Schädel, aus dem es überall heraussickert. Am liebsten wäre ich gestorben.

Dort im Krankenhaus habe ich meine Freundin Elizabeth McKenna kennengelernt. Sie war Hilfskrankenschwester auf meiner Station. Die Schwestern waren immer freundlich, aber Miss McKenna war freundlich und lustig und hat mir damit über meine düstersten Stunden hinweggeholfen. Als mein Kopf kahl rasiert war, kam sie mit einer Waschschüssel, einer Flasche Lysol und einem scharfen Skalpell in mein Zimmer.

Ich sagte: «Es wird doch nicht wehtun, oder? Dr. Ormond hat gesagt, es tut nicht weh.» Ich versuchte, die Tränen hinunterzuschlucken.

«Da hat er gelogen», sagte Miss McKenna, «es tut höllisch weh. Erzähl deiner Mutter ja nicht, dass ich ‹höllisch› gesagt habe.»

Ich musste kichern, und sie machte den ersten Schnitt, bevor ich überhaupt dazu kam, Angst zu haben. Es tat weh, aber nicht höllisch. Wir machten ein Spiel daraus, während sie die übrigen verschorften Stellen aufschnitt – plärrten die Namen all der Frauen heraus, die je unter der Klinge schwer zu Schaden gekommen waren. «Maria Stuart – schnippschnapp!», «Anne Boleyn – zack!», «Marie-Antoinette – wuuuusch!» Und schon waren wir fertig.

Es tat weh, aber es war auch lustig, weil Miss McKenna ein Spiel daraus gemacht hatte.

Sie betupfte meinen Kahlkopf mit dem Lysol, sah abends noch einmal nach mir und brachte mir einen Seidenschal, den ich mir als Turban um den Kopf wickeln sollte. «Da», sagte sie und drückte mir einen Spiegel in die Hand. Ich sah hinein – der Schal war wunderschön, aber meine Nase war immer noch zu groß für mein Gesicht, wie eh und je. Ich fragte mich, ob ich wohl jemals hübsch sein würde, und bat Miss McKenna um ihre Meinung.

Als ich meiner Mutter die gleiche Frage stellte, sagte sie, für solchen Unsinn habe sie weder Zeit noch Geduld und Schönheit sei etwas ganz Oberflächliches. Nicht so Miss McKenna. Sie betrachtete mich nachdenklich, und dann sagte sie: «Warte noch ein Weilchen, Sally, dann stichst du alle aus. Schau schön weiter in den Spiegel, du wirst schon sehen. Auf die Proportionen kommt es an, und deine sind wunderbar. Mit der eleganten Nase da wird aus dir glatt eine zweite Nofretete.



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