Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) by Vanek Tereza

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) by Vanek Tereza

Autor:Vanek, Tereza [Vanek, Tereza]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bookwire GmbH
veröffentlicht: 2012-05-14T22:00:00+00:00


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Die Stadtmauer war noch in Sichtweite, als sie die ersten Behausungen erreichten. Yazi erklärte Andrew, dass der himmlische König das Land gerecht an alle Untertanen verteilt hatte. Auch Frauen besaßen ein Recht auf Grundbesitz, sodass sie sich selbst und ihre Kinder ernähren konnten.

»Bei den Han-Chinesen war es üblich, dass Töchter und Ehefrauen meist im Haus blieben«, fügte sie zufrieden hinzu. »Doch Hong Xiuquan folgt der Tradition der Hakka. Ich habe schon als kleines Mädchen auf den Feldern mitgeholfen, ebenso wie meine Mutter und meine Schwestern.«

Sie hob stolz das Kinn. Wie wohl es tat, in einer Gesellschaft zu leben, wo Tüchtigkeit mehr galt als die nutzlose Zerbrechlichkeit bildschöner Konkubinen! Yazi fiel ein, dass etliche der Frauen im königlichen Palast durchaus dem traditionellen Schönheitsideal der Qing entsprachen, aber sie tröstete sich damit, dass dadurch auch für diese unselbständigen Wesen eine Überlebensmöglichkeit geschaffen worden war.

Andrew musterte aufmerksam die Lehmhütten der Bauern. Sie waren ärmlich, aber einigermaßen sauber, wie Yazi erleichtert feststellte. Die Gesichter der Kinder, die neugierig herbeigeeilt kamen, hatten eine frische, gesunde Farbe. Yazi sah Andrew erwartungsvoll an. Hong Xiuquan hätte sicher gewollt, dass der Lao Wai einen guten Eindruck vom Leben unter seiner Herrschaft bekam. Aber sie selbst wollte es ebenso, auch wenn sie sich nicht genau erklären konnte, warum ihr die Meinung dieses Fremdlings so wichtig war.

Er hatte einige Gegenstände aus der Tasche gezogen, die er lächelnd an die Kinder verteilte. Es schien sich um so etwas wie Federkiele zu handeln, dann folgten fremdartige Münzen, schließlich ein paar Mohnkuchen, die er in der Stadt erstanden haben musste. Er stieg vom Pferd und die Kinder hingen sogleich begeistert an den Schößen seiner Jacke. Wieder staunte Yazi, wie schnell Halbwüchsige sich an sein seltsames Aussehen gewöhnten. Er lachte und seine Augen strahlten. Yazi wurde auf einmal warm ums Herz. Chuntians Gesicht hatte sich ein wenig verzogen, fast als sei sie eifersüchtig geworden, weil die Aufmerksamkeit des Lao Wai nicht mehr ihr allein galt. Yazi überlegte, ob dies nicht ein schlechter Charakterzug an ihrer Tochter war, als sie plötzlich das laute Schreien hörte.

»Nun beweg dich endlich, du faules Tier. Mach schon, steh auf!«

Ein Bauer kämpfte wohl mit einem störrischen Wasserbüffel. Yazi beschloss nachzusehen, denn sie mochte es nicht, wenn Tiere unnötig gequält wurden. Sie bog um die Ecke einer Hütte und erblickte die Weite von Reisfeldern, die sich bis zum Horizont erstreckten. Bauern pflanzten kauernd Setzlinge ein. Manche von ihnen krochen dabei unnötigerweise auf allen Vieren vorwärts. Am Rand des Feldes stand eine aufrechte Gestalt in der Kleidung einfacher Taiping-Soldaten, hielt einen Bambusstock hoch und brüllte. Zu ihren Füßen kauerte ein Bündel Mensch.

Yazi kam näher. Der Soldat, eine Frau, wie sie nun erkannte, verneigte sich sogleich beim Anblick von Yazis gelber Uniform-Jacke, auf der das Abzeichen einer Hauptmännin zu sehen war, und ließ den Stab sinken.

»Was geht hier vor?«, fragte Yazi in bewusst freundlichem Tonfall, denn sie wollte die bisher harmonische Stimmung des Besuches nicht stören.

»Dieses Weib weigert sich zu arbeiten, obwohl es allgemeine Pflicht ist«, erwiderte die Soldatin sogleich und wies auf das Bündel.



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