Das frhe Persien by Josef Wiesehfer;
Autor:Josef Wiesehfer;
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Regional- und Ländergeschichte
Herausgeber: Verlag C.H. Beck
veröffentlicht: 2021-11-22T00:00:00+00:00
Zentralgewalt und Lokalautonomie â Reichsidee und lokale Traditionen im Achaimenidenreich
Es dürfte deutlich geworden sein, dass weder der Vergleich des Perserreiches mit einem modernen Nationalstaat noch das Bild eines nur locker verbundenen Ensembles von heterogenen Reichsteilen zutreffen. Allerdings bleibt die Frage, ob sich Lokalautonomie und königliche Kontrolle wirklich zu ergänzen und stabile Verhältnisse zu garantieren vermochten. Schaute man nur auf die Personen in den Führungspositionen des Perserreiches, dann könnte man den Eindruck gewinnen, als sei es ausschlieÃlich von einer kleinen Herrenschicht kontrolliert worden. Gerade im Vergleich zu Rom, wo Provinziale nicht nur schon recht früh in den Senat aufrücken, sondern später gar den Kaiserthron selbst besteigen konnten, fällt auf, wie wenige Nichtperser auf die höchste politisch-militärische Entscheidungsebene zu gelangen vermochten. Allerdings ist ein solches Bild in zweierlei Hinsicht trügerisch: Zum einen betrauten die GroÃkönige viele einflussreiche und vermögende Provinziale oder gar Fremde mit wichtigen Aufgaben, wenn auch nicht mit den wenigen absoluten Führungsstellen, lieÃen ihnen Auszeichnungen, Ehrungen und Geschenke zukommen und machten sie so zu ihren Parteigängern; der mit Haus und Hof, persischer Gemahlin und â¹persischen⺠Kindern ausgezeichnete Metiochos, der Sohn des Marathonsiegers Miltiades, der ähnlich geförderte Sieger von Salamis, Themistokles, und der ägyptische Arzt Udjahorresnet sind diesbezüglich nur drei Beispiele von vielen. Zum anderen sind für den Zusammenhalt eines Reiches die politischen und personalen Beziehungen auf regionaler und lokaler Ebene viel entscheidender als die in den höchsten Entscheidungsinstanzen. Und gerade hier, unterhalb des Satrapenniveaus, ist nun im Achaimenidenreich ein groÃes Maà von Eigenständigkeit, aber auch von persisch-indigener Zusammenarbeit und einheimischer Nachahmung persischer Vorbilder zu erkennen. Wir besitzen zahllose Beispiele für eheliche Verbindungen persischer Offiziere und Amtsträger mit weiblichen Angehörigen lokal oder regional bedeutsamer einheimischer Familien; Dareios II. und seine Halbschwester und Gemahlin Parysatis aus Verbindungen Artaxerxesâ I. mit Babylonierinnen sind Beleg dafür, dass unter Umständen sogar Halbprovinziale auf den Thron gelangen konnten. Auf der Ebene der satrapalen Distrikte bekleideten Einheimische absolute Führungspositionen, wie die Hekatomniden in Karien, jüdische bzw. samaritanische Gouverneure in Yehud bzw. Samaria oder die Stadtkönige in Phönikien und auf Zypern. Die Archäologie hat zudem beweisen können, dass sich solche indigenen Eliten in persischen Diensten in Palastarchitektur, Wohnkultur, Tracht, Schmuck und öffentlichem Auftreten nicht nur an einheimischen, sondern auch an groÃköniglichen oder satrapalen Vorbildern orientierten.
Trotz aller Bemühungen der GroÃkönige um Fortführung indigener Traditionen und Respektierung alter Institutionen und Privilegien in den ehemals unabhängigen Reichsteilen und trotz zahlreicher â¹Kollaborateure⺠waren einschneidende Veränderungen im Status dieser Gebiete und ihrer Bewohner allerdings nicht zu vermeiden gewesen: Ãgypten und Babylonien etwa mochten zwar eine besondere Stellung im Reichsganzen einnehmen, sie hatten dennoch ihre auÃenpolitische Handlungsfreiheit verloren, waren zu Tributentrichtung und Heeresfolge verpflichtet worden und wurden nun von fremden, nicht einheimischen Königen regiert. Die fiskalische und politische Neuordnung des Reiches durch Dareios I. mit ihrer stärkeren Systematisierung der rechtlichen und finanziellen Beziehungen zwischen König und Provinzialen, im Falle Ãgyptens zusätzlich die Randlage dieser Provinz, ihre Nähe zu den perserfeindlichen Mächten des Mittelmeerraumes und ihre daraus resultierende besondere militärische Sicherung trugen das Ihrige dazu bei, dass â zu bestimmten günstigen Gelegenheiten bzw. Zeiten besonderer
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