Castillo, Linda - Kate Burkholder - 3 by die Nacht verstummt Wenn

Castillo, Linda - Kate Burkholder - 3 by die Nacht verstummt Wenn

Autor:die Nacht verstummt Wenn
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


11.

Kapitel

Als wir aus dem Revier treten, regnet es Bindfäden. Wir rennen zum Wagen, doch beim Einsteigen sind wir trotzdem pitschnass.

»Wenn du das Gewehr gestern bei den Slabaughs gesehen hast, wie ist es dann in Coulters Haus gekommen?«, fragt Tomasetti.

»Gute Frage.«

»Bist du sicher, es war dasselbe?«

»Nicht hundert Prozent. Aber es war alt und sah aus wie das von meinem Dad, deshalb ist es mir überhaupt aufgefallen.« Ich gebe Gas, und die Räder drehen auf dem nassen Asphalt durch. »Jedenfalls ist das Grund genug für mich, der Sache nachzugehen.«

»Wo genau hast du es gesehen?«

»Im Abstellraum. Auf dem Weg in den Keller war ich mit Salome drin und hab’s gesehen.« Ich erzähle ihm von dem Schraubglas und dem fehlenden Geld.

»Irgendeine Idee, wann das Geld verschwunden sein könnte?«, fragt Tomasetti.

»Nein. Ich habe das Glas zur Untersuchung auf Fingerabdrücke ins Labor geschickt.

Als wir schließlich auf der Farm ankommen, erlöse ich die Scheibenwischer von ihrem aussichtslosen Kampf gegen die Wassermassen und parke hinter einem Buggy, den ich nicht kenne. Wahrscheinlich hat Bischof Troyer eine andere amische Familie gebeten, bei den Kindern zu bleiben. Ich frage mich, ob das Jugendamt schon Kontakt mit ihnen aufgenommen hat und wie das gelaufen ist …

Ich mache den Motor aus. Vor mir erhebt sich das Haus wie ein dunkler Klotz. In keinem der Fenster brennt Licht, was mich etwas beunruhigt.

»Ein bisschen früh, um schon zu schlafen, oder?«, sagt Tomasetti.

»Die meisten amischen Farmerfamilien stehen morgens um vier Uhr auf und gehen deshalb früh ins Bett.« Trotzdem kann ich das ungute Gefühl, das mir den Rücken hochkriecht, nicht verleugnen. Das Haus sieht verlassen aus.

»Ich hätte als Amischer nie überlebt.«

»Stimmt. Du trinkst zu viel.«

»Ich fluche zu viel.«

Wir lächeln uns an, und ich greife zum Türgriff. »Gehen wir rein und wecken sie auf.«

Auf der hinteren Veranda öffne ich die Fliegentür und klopfe laut. Um mich herum ist es dunkel und still. Einen Moment lang habe ich das Gefühl, als ob wir die letzten Lebenden auf Erden wären.

Ich will gerade ein zweites Mal klopfen, als die Tür aufgeht und ein amischer Mann mit roten Haaren und Vollbart eine Laterne in Kopfhöhe vor mich hält. »Hallo?« Eulenhaft kneift er die Augen zusammen. »Gibt es ein Problem?«

Ich zeige ihm meine Dienstmarke und stelle mich vor. »Es tut mir leid, dass ich Sie so spät noch stören muss.«

Er sieht Tomasetti an. »Geht es um Solly und Rachael?«

Ich nicke. »Bischof Troyer hat Ihnen die Kinder anvertraut?«

»Ja.«

»Wie heißen Sie, Sir?«

»Nicholas Raber.«

»Können wir hereinkommen?«

»Natürlich.« Er verbeugt sich leicht und tritt zur Seite.

Ich gehe schnurstracks zum Abstellraum. Tomasetti folgt mir, während Raber in die Küche schlurft, wo er wahrscheinlich eine zweite Laterne anmacht. Der Kanonenofen ist links von mir, ich hole meine kleine Taschenlampe aus der Tasche und leuchte auf die Stelle dahinter, wo ich das Gewehr gesehen habe. Doch da ist nichts.

»Das Gewehr ist weg«, flüstere ich.

»Bist du sicher?«

Ich drehe mich um und bedenke ihn mit einem finsteren Blick. »Sehkraft und Gedächtnis funktionieren bei mir gut.«

Er lächelt, hat mich bloß aufgezogen. Ich rolle die Augen und blicke zur Küche, aus der gelbes Laternenlicht in den Abstellraum fällt.



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