Bergfeldt, Carina by Die Vatermoerderin

Bergfeldt, Carina by Die Vatermoerderin

Autor:Die Vatermoerderin
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Mit Yoga hatte es angefangen.

Als Anna in Stockholm wohnte und an der Polizeihochschule studierte, hatte sie mal einen Kurs belegt. Vielleicht in der Hoffnung, endlich inneren Frieden zu finden.

Den hatte sie nicht gefunden. Dafür aber Julia.

Eigentlich war es merkwürdig, dass sich ihre Wege nicht schon früher gekreuzt hatten, dachte sie und beobachtete die Frau, die ihr gegenüber am Tisch saß und etwas notierte. Sie waren gleichaltrig und stammten vom selben Fleckchen Erde. Sie waren auf verschiedene Gymnasien gegangen – mit sozialwissenschaftlichem beziehungsweise naturwissenschaftlichem Schwerpunkt. Sie hatten nur einen Kilometer voneinander entfernt gelebt und waren sich nie begegnet. Jetzt wohnten beide in Stockholm, um zwei Jahre lang für ihren Traumjob zu pauken.

Jedes Mal, wenn Anna an die Zeit mit Julia in Stockholm zurückdachte, wurde ihr warm ums Herz. Es war wie Verliebtheit gewesen. Sie waren beste Freundinnen geworden. Hatten sich einander anvertraut. Hatten beieinander übernachtet, wie kleine Kinder es taten. Flüsternd hatten sie einander ihre Geheimnisse verraten, Dinge, von denen sie nie gedacht hätten, dass sie sie jemals irgendeinem Menschen sagen würden. Julia war der einzige Mensch auf der Welt, der den wahren Grund wusste, warum Anna Polizistin geworden war.

Sie hatte Julia Almliden geliebt. Sie liebte sie immer noch. Ihre Freundschaft zählte zum Intensivsten, was sie je erlebt hatte, und in der Blütezeit ihrer Beziehung, als sie Arm in Arm durch die Straßen der Hauptstadt gegangen waren, hatte sie geglaubt, zusammen wären sie unbesiegbar, wie im Märchen. Sie hatte sich geirrt.

Anna merkte, dass die Frau auf der anderen Seite des Tisches sie ansah. Mit einem Blick, der ihre Wanderung durch die Allee der Erinnerungen schnell beendete. Anna zwang sich, in das Vernehmungszimmer zurückzukehren. Sie hatte einen Job zu erledigen. Julia Almliden betrauern und hassen konnte sie danach auch noch.

»Vernehmungen sind der beste Weg, sich bei einer Verbrechensermittlung Beweise zu beschaffen. Der Schlüssel dazu ist die Fähigkeit zuzuhören, ein freundliches Auftreten, gute Vorbereitung, dass man sich Zeit nimmt und weiß, was man mit dem Gespräch erreichen will.«

Julia nickte. »Und eure Cold-Case-Gruppe – wie ist die, verglichen mit denen in Fernsehserien?«

»Hier geht es um Mordermittlungen, die dreimal so umfangreich sind wie in einem fiktiven Kriminalfall. Und reale Morde sind wesentlich schwieriger zu lösen. Wir als Cold-Case-Ermittler gehen nicht nur stapelweise alte Ermittlungsakten durch, sondern wir suchen auch die ehemaligen Tatorte auf. Gehen durch die Straßen, studieren die Details im Gelände. Versuchen, uns in den Täter hineinzuversetzen.«

»Also genau wie die Kriminalisten im Fernsehen«, sagte Julia.

»Schon. Nur dass keiner meiner Kollegen aussieht wie Gunvald Larsson.«

»Du vergisst Karlkvist«, bemerkte Julia und grinste.

Anna lachte. Doch sobald es ihr bewusst wurde, hörte sie schlagartig auf.

Julia und sie würden niemals mehr zusammen lachen.

Anna würde überhaupt nie mehr lachen.

Dafür hatte Julia gesorgt.



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