Beatles vs. Stones · Die Rock-Rivalen by McMillian John

Beatles vs. Stones · Die Rock-Rivalen by McMillian John

Autor:McMillian, John [McMillian, John]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch-Musik
ISBN: 9783280055434
Herausgeber: Orell Füssli Verlag
veröffentlicht: 2014-08-15T00:00:00+00:00


KAPITEL FÜNF

Politik und Imagepflege

Als Mick Jagger das letzte Mal vor Gericht erschienen war, hatten alle darüber gesprochen, wie todschick er in seinen modischen Klamotten doch ausgesehen habe. Angetan mit einem zweireihigen Blazer aus der King’s Road, olivefarbenen Hosen, einem knittrigen Hemd und einer gestreiften Krawatte wirkte er wie die Verkörperung strahlender, sorgloser Jugend. Diesmal hingegen, als er zur Anhörung am königlichen Gerichtshof in London vor Lord Chief Justice Hubert Parker aus Waddington stand, trug er einen ganz gewöhnlichen, schmal geschnittenen Anzug. Sein konservatives Auftreten passte zu seiner ernsten Stimmung. Wäre nicht sein langes Haar gewesen, hätte er auch ein junger Geschäftsmann oder Rechtsanwalt sein können. Es war der 31. Juli 1967.

Mick hatte allen Grund, nervös zu sein. Einen Monat zuvor hatte ihn ein Richter in Chichester wegen Besitzes von nur vier Amphetamintabletten ohne Rezept zu drei Monaten Haft verurteilt. Keith Richards bekam eine noch härtere Strafe aufgebrummt: ein ganzes Jahr Gefängnis allein deswegen, weil er seinen Freunden gestattet hatte, bei ihm zuhause Marihuana zu rauchen. Der Bandmanager Andrew Oldham hatte zwar immer gesagt: »Für die Rolling Stones sind schlechte Nachrichten gute Nachrichten«, doch nun wurde diese Maxime gewaltig strapaziert. Jagger hatte zwei Nächte in Lewes Prison und eine weitere in Brixton zubringen müssen, bevor man ihn gegen eine Kaution von 7000 Pfund auf freien Fuß setzte. Er wollte es unbedingt vermeiden, wieder zurückgeschickt zu werden.

Zum Glück für die Stones verlief die Anhörung gut. Keiths Urteil wurde mit der Begründung aufgehoben, dass der Richter in seiner Unterrichtung der Geschworenen »geirrt« habe, und Micks Strafmaß wurde auf ein Jahr Haft auf Bewährung reduziert. »Das bedeutet«, teilte ihm Lord Parker mit, »dass Sie als nicht vorbestraft gelten, wenn sie die nächsten zwölf Monate nichts anstellen. Sollten Sie jedoch eine weitere Straftat begehen, werden Sie nicht nur für diese zur Rechenschaft gezogen, sondern auch für die eben verhandelte belangt.«402

Der Richter sprach auch eine unmissverständliche, ernste Warnung aus: »Sie sind, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht, für eine große Anzahl Jugendlicher in diesem Lande ein Idol. In dieser Eigenschaft tragen Sie eine sehr hohe Verantwortung. Wenn Sie bestraft werden, ist es also völlig normal, dass solche Verantwortung auch ein höheres Strafmaß mit sich bringt.«403

Mick stimmte dieser abschließenden Mahnung des Richters zwar nicht unbedingt zu, war aber nichtsdestotrotz hocherfreut, dass die Aussicht auf eine Haftstrafe von ihm genommen war. Zudem hatte er einen aufregenden Tag vor sich. Nach einer kurzen Feier mit seinem Rechtsanwalt und einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Soho bestieg er mit Marianne Faithfull und John Birt einen kleinen Helikopter. Birt arbeitete als Rechercheur für die auf Granada Television ausgestrahlte Sendung World in Action, ein knallhartes, kritisches Nachrichtenmagazin. Später wurde er zum Direktor der BBC ernannt, doch im Jahr 1967 war er gerade erst 22 Jahre alt und relativ neu im Geschäft. Dennoch hatte er eine außergewöhnliche Idee: World in Action sollte ein »Treffen der Generationen« organisieren, bei dem Mick Jagger als Vertreter der »neuen Jugend« in einem sachlichen Meinungsaustausch mit Mitgliedern des »Establishments« diskutieren sollte – einem Zeitungsverleger, einem Lord, einem Bischof und einem Jesuiten.



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