Bausenwein, Christoph by Das Prinzip Uli Hoeness

Bausenwein, Christoph by Das Prinzip Uli Hoeness

Autor:Das Prinzip Uli Hoeness
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Der Hunger von früher

Im Januar 2004 konnte man während des Bayern-Trainingslagers in Dubai folgende Szene erleben: Im Trainingsanzug und mit Fußballschuhen sitzt Uli Hoeneß auf der Ersatzbank am Rande des Trainingsplatzes. Bald würde er selbst mit anderen alten Cracks zum kleinen Freizeitkick antreten. Als Salihamidzic, Scholl und Ballack die teueren Lederkugeln im Gebüsch liegen lassen und vom Platz traben wollen, schreckt er hoch und ruft: »Bälle holen!« Es sei ganz wichtig, auf Disziplin zu achten, begründete er seine Intervention. Früher habe man mit Lumpenbällen gespielt, jetzt würden 180-Euro-Bälle einfach verbolzt. »Das sind die Kleinigkeiten, auf die wir auch in Zukunft aufpassen werden.« Kleinigkeiten, die den Spielern bewusst machen sollen, dass die privilegierte Situation, in der sie leben, keineswegs selbstverständlich ist.

Hoeneß griff in Dubai zum wiederholten Male das alte Thema vom Schweiß auf, den die Götter vor den Erfolg gesetzt haben – und eben auch vor das Geld. »Um Fußballprofi zu werden, muss man brutal hart arbeiten und auf Parties, Diskobesuche, Freunde, Freizeit verzichten.« Es war im Grunde dasselbe Thema, mit dem Bundestrainer Berti Vogts Jahre zuvor viel Resonanz in der Presselandschaft erzielt hatte: Der deutsche Fußball kranke daran, dass es nur noch verwöhnte Wohlstandsjünglinge gebe, die sich in ihrem Job nicht quälen könnten. »Man muss auch zwischendurch leiden, um etwas Großes zu machen«, schlug Hoeneß in dieselbe Kerbe. Seine These: Im heutigen Deutschland erfüllen die Eltern ihren Kindern alle Wünsche, im Überangebot der Freizeitmöglichkeiten werden die Jugendlichen viel zu früh satt, alle haben es viel zu leicht und müssen sich nie anstrengen, und dies sind denkbar schlechte Voraussetzungen, um große Fußballer mit spielerisch erarbeiteter Kreativität hervorzubringen. Seine Forderung: Man muss den bis auf die Trainingsplätze der Profivereine ausstrahlenden Verwöhnungsprozess stoppen, indem man die üblichen Leitmaximen umdreht. »Nicht die Hungrigen sind satt zu machen«, predigte Hoeneß, »sondern es gilt umgekehrt, die Satten hungrig zu machen!« Und er wiederholte diese seine Ansicht immer wieder mit einer Inbrunst, als würde er sich die blühenden Landschaften Deutschlands als einen Acker der Armut wünschen, nur damit dort FC-Bayern-taugliche Talente sprießen könnten.

Damals, als der kommende Weltmeister Uli Hoeneß in Ulm aufwuchs, hatten die Kinder noch kein Skateboard und keinen Tennisschläger, keine Computerspiele und keine MP3-Player. Und damals herrschte unter der Jugend noch großer Hunger nach Erfolg. »Zu meiner Zeit kamen alle guten Spieler aus ganz kleinen Verhältnissen«, wiederholte Uli Hoeneß unentwegt im Ton eines Verkünders neuer Wahrheiten: »Für uns bot der Fußball die Chance des sozialen Aufstiegs.« Und er, der Hungrigste von allen, hatte sie genutzt mit Sinn und Verstand. »Mit 18 Jahren hatte ich als Kapitän der Jugendnationalelf 16 Angebote aus der Bundesliga. Ich habe das schlechteste mit 1.200 Mark Grundgehalt angenommen und mich für den Sport entschieden. Dafür, mit Beckenbauer, Müller und Maier zusammenzuspielen. Ich wusste, das Geld, das kommt dann hinterher.« Er sei bereit gewesen, sich zu bescheiden. »Ich hatte damals als Abiturient 50 Mark Taschengeld und wusste, wohin ich wollte. Dafür habe ich alles getan und alles andere hintangestellt.« Hart sei das gewesen, klar. Jedes Spiel, und auch das Training, habe er als »Überlebenskampf« erlebt, und außer diesem Kampf habe es praktisch nichts anderes gegeben.



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