Arlo Finch (2). Im Bann des Mondsees by John August

Arlo Finch (2). Im Bann des Mondsees by John August

Autor:John August
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Arena Verlag
veröffentlicht: 2019-05-24T00:00:00+00:00


STURMWARNUNG

Der Donner kam zuerst: ein tiefes, leises Grollen, wie ein erwachender Berg.

Arlo befand sich anderthalb Kilometer tief im Wald, als er ihn hörte. Er hatte die vergangene Stunde damit verbracht, nach einer von einem Geist heimgesuchten Quelle zu suchen, die auf der Liste stand, die Darnell verteilt hatte. Dieser Wassergeist war der fünfte und letzte Typ Naturgeist, den er identifizieren musste. (Feuer, Wind, Stein und Baum hatte er schon gefunden.)

Ein Blitz. Diesmal war der Donner schärfer. Näher. Als würde der Himmel platzen. Wenn er sich beeilte, schaffte er es vielleicht noch vor dem Regen ins Camp. Aber Arlo war entschlossen, zuerst den Wassergeist zu finden.

Nach Vorlage einer illustrierten Anleitung im Flurbuch hatte er sich mit dem y-förmigen Teil eines biegsamen Asts, der bei korrekter Handhabung Wassergeister und die dazugehörigen Gewässer anzeigte, eine Wünschelrute gebastelt. Laut Flurbuch waren Wünschelruten für das Überleben in Wüsten und trockenen Canyons entscheidend.

Die Wünschelrute herzustellen, war ganz leicht gewesen. Sie anzuwenden, erforderte hingegen eine Geschicklichkeit, die Arlo offenbar nicht besaß. Das Ende seiner Rute bebte und neigte sich nie, zumindest nicht dann, wenn es sollte.

Arlo schleuderte die nutzlose Rute zur Seite und überdachte seine Möglichkeiten. Gerade hatte er angefangen, seine Schritte zurückzuverfolgen, als er mit dem linken Schuh plötzlich knöcheltief in eisigem Wasser stand.

Er hatte die Quelle gefunden. Er war mindestens viermal an ihr vorbeigelaufen.

Arlo folgte dem winzigen Rinnsal zu seinem Ursprung: einem moosigen, nur wenige Zentimeter breiten Spalt im Hügel. Laut Liste hieß dieser Geist Frostbach. Er war sich nicht sicher, ob sich der Geist jetzt in der Quelle oder neben der Quelle befand oder ob er die Quelle war. Der Name aber ergab in jedem Fall Sinn. Winzige Eiskristalle bedeckten die Steine. Das hervorsprudelnde Wasser war glasklar und betäubend kalt. In der Rubrik Notizen auf seiner Geistercheckliste notierte Arlo: klar und kalt.

Neben der Quelle stand eine Tonschale, in der ein paar Münzen lagen. Arlo kramte in seiner Tasche nach einem Vierteldollar. Er rieb ihn an seinem T-Shirt ab, damit er glänzte, dann fügte er ihn der Sammlung hinzu. »Geister können mit Geld nichts anfangen«, hatte Darnell erklärt. »Aber Münzen mögen sie trotzdem. Es ist ein Tribut. Sie wissen, dass Münzen für uns wertvoll sind. Sie ihnen zu geben, ist ein Zeichen des Respekts.«

Rangern war es gestattet, Geistern mit Münzen und Nahrung und Liedern Respekt zu zollen. Opfer waren strikt verboten. »Kein Blut. Nicht eures oder auch keins von irgendeinem anderen Lebewesen. Wenn ihr das macht, begebt ihr euch in ein dunkles Reich.« Mehr hatte Darnell dazu nicht gesagt – vielleicht würde die ganze Erklärung ja im Kurs für Fortgeschrittene auf sie warten –, aber Arlo hatte auch so den Eindruck gewonnen, dass es Leute gab, die Böses taten, um die Gunst der Geister zu gewinnen.

Arlo hörte den Regen, bevor er ihn spürte. Riesige Tropfen prass-prass-prasselten auf den Waldboden ein. So viel zu seiner Hoffnung, dem Regenguss zu entfliehen.



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