Aelita by Alexej Tolstoi
Autor:Alexej Tolstoi [Tolstoi, Alexej]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-08T16:00:00+00:00
Aëlitas zweite Erzählung
»Dieses haben wir in den farbigen Büchern gelesen«, sagte Aëlita.
»In jenen fernen Zeiten war die Stadt der Hundert Goldenen Tore, die heute auf dem Boden des Ozeans ruht, der Mittelpunkt der Welt. Von der Stadt gingen das Wissen aus und die Verführungen zu üppigem Leben. Sie übte eine groÃe Anziehungskraft aus auf die Stämme, die die Erde bevölkerten, und entfachte in ihnen die uralte Gier. Doch es kam der Tag, da ein junges Volk ihre Beherrscher überfiel und sich der Stadt bemächtigte. Das Licht der Zivilisation erlosch für eine Weile. Als jedoch eine Zeit vergangen war, loderte es von neuem hell auf, bereichert durch das frische Blut der Sieger. Jahrhunderte vergingen, und wieder kamen Horden von Nomaden und hingen als drohende Wolken über der ewigen Stadt.
Die ersten Begründer der Stadt der Hundert Goldenen Tore waren afrikanische Neger aus dem Stamme Semse gewesen. Sie hielten sich für den jüngsten Zweig einer schwarzen Rasse, die in uralten Zeiten den in den Wogen des Stillen Ozeans versunkenen Kontinent Gwandana bevölkert hatten. Die übriggebliebenen Teile dieser schwarzen Rasse zerfielen in zahllose Stämme. Viele davon verwilderten und entarteten. Immerhin lebte im Blut der Neger die Erinnerung an ihre groÃe Vergangenheit fort.
Die Menschen des Semse-Stammes besaÃen ungeheure Kräfte und waren groà von Wuchs. Sie zeichneten sich durch eine ungewöhnliche Eigenschaft aus: sie konnten auch aus der Entfernung die Form von Gegenständen fühlen, ähnlich wie der Magnet die Gegenwart eines anderen Magneten empfindet.
Diese Eigenschaft hatten sie während der Zeit entwickelt, als sie in den dunklen Höhlen der tropischen Wälder lebten.
Um sich von der giftigen Fliege Goch zu retten, verlieÃen die Menschen des Stammes Semse die Wälder und zogen gen Westen, bis sie eine Gegend fanden, die zum Leben geeignet war. Das war eine hügelige Hochebene, umspült von zwei ungeheuer groÃen Flüssen.
Da gab es viele Früchte und Wild und in den Bergen Gold, Blei und Kupfer. Die Wälder, Hügel und die still dahin strömenden Flüsse waren frei von verderblichen Fieberkrankheiten.
Die Menschen des Semse-Stammes bauten eine Mauer zum Schutz vor wilden Tieren und türmten aus Steinen eine hohe Pyramide auf zum Zeichen dafür, daà dies ein fester Platz sei. Auf der Spitze der Pyramide errichteten sie einen Pfosten mit einem Bündel Federn des Vogels Klitli, des Schutzpatrons des Stammes der Semse, der sie während ihrer Wanderung vor der Fliege Goch gerettet hatte. Die Führer der Semse schmückten ihre Köpfe mit Federn und gaben sich Vogelnamen.
Westlich von der Hochebene zogen rothäutige Stämme durch das Land. Die Semse überfielen sie, nahmen Gefangene mit und zwangen diese, den Boden zu pflügen, Wohnungen zu bauen und Erze und Gold zu gewinnen. Der Ruhm ihrer Stadt drang gen Westen und flöÃte den Rothäuten Furcht ein, denn die Semse waren stark, errieten die Gedanken der Feinde und töteten auf weite Entfernung, indem sie ein gebogenes Stück Holz warfen. In ihren Booten aus Baumrinde fuhren sie auf den groÃen breiten Flüssen und sammelten von den Rothäuten Tribute ein.
Die Nachkommen der Semse schmückten ihre Stadt mit runden Gebäuden aus Stein, die sie mit Schilfrohr deckten.
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