Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) by John Scalzi

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) by John Scalzi

Autor:John Scalzi [Scalzi, John]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH


Scarlet. Auf Russisch war das Wort für »rot« das gleiche wie für »schön«, wie Taras ihr mehr als einmal in Erinnerung gerufen hatte. Ein weiterer Grund, warum Cadie unbedingt ihren alten Namen loswerden wollte. Nicht nur, weil es außerdem sein Name war, sondern weil es ihm gelungen war, den Teil zu ruinieren, der es nicht war.

Shearer blieb kurz stehen, um einen Gehstock aus dem Ständer neben der Tür zu nehmen, und winkte dann Cadie und Homer, dass sie ihr folgen sollten. Sie gingen durch den kurzen Korridor zur Rückseite des schäbigen kleinen Hauses. Als Cadie an den Hinterzimmern vorbeikam, zwang sie sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen und ihre Hand nicht um das Butterflymesser in ihrer Tasche zu verkrampfen. Sie konnte keine weiteren Druckstellen an ihrer Hand gebrauchen.

»Leben Sie hier?«, fragte Cadie. »In diesem Haus? Ist es so etwas wie ein sicherer Unterschlupf?«

Sie dachte an terroristische Zellen, jeweils sechs Pritschen in gekachelten Zimmern.

Homer zuckte die Achseln. »Wer lebt schon heute noch an einem bestimmten Ort? Wir sind digitale Nomaden.« Als er auf den Omni an seinem Gürtel klopfte, klirrten seine Marken. »Wo meine Daten sind, bin ich zu Hause. Sachen sind nur Sachen. Fast alles lässt sich ersetzen oder mieten.«

Eine Lektion, die Cadie gründlich und auf die harte Tour gelernt hatte. Wenn es Zeit war wegzurennen, rannte man weg, ohne sich Gedanken über seinen Koffer zu machen. »Sie haben mir eine Menge Munition gegeben«, sagte sie. »Deshalb frage ich mich, in welchen Punkten Sie lügen.«

Sie war sich nicht sicher, was der Grund für ihren Trotz war. Frust. Der Drang zu provozieren. Die Hoffnung, dass etwas durch die Fassade blitzte, wenn sie Shearer und Homer wütend machte.

Sie hatte mit verschiedenen möglichen Reaktionen gerechnet, aber nicht damit, dass Shearer sich die Hand vor den Mund hielt und kicherte. »Ganz ehrlich«, sagte sie, als würde sie zu einem albernen zehnjährigen Kind sprechen. »Was glauben Sie, was irgendjemand uns antun könnte? Unseren Besitz konfiszieren? Wir haben keinen. Uns ins Gefängnis stecken? Wir haben nichts Illegales getan, abgesehen von gelegentlichem widerrechtlichen Betreten, obwohl es möglich wäre, dass man Gesetze gegen uns erlässt. Aber wenn das passiert, ziehen wir einfach weiter. Wir sind Pioniere, Miss Grange. Wir lassen Ihre geschichtete Gesellschaft hinter uns und bauen etwas Neues auf.«

Shearer verlagerte ihr Gewicht auf die Krücke und stieß mit der freien rechten Hand die Tür am Ende des Korridors auf. Feuchte warme Luft und grünes Licht umhüllten Cadie, als würde die Tür in einen Dschungel führen. Fast rechnete sie damit, Vogelgezwitscher zu hören.

Shearer drängte sie weiter. Im Türrahmen blieb Cadie wie angewurzelt stehen, einen Fuß noch in der Luft. Langsam stellte sie ihn auf die Schwelle. Die Wände des Zimmers, das früher einmal das Hauptschlafzimmer gewesen sein musste, waren herausgerissen worden, worauf man die Lücken zwischen den Stützbalken mit dicken Säcken aus durchsichtigem Kunststoff und einem Mosaik aus Autoscheiben ersetzt und mit Latten und Kitt fixiert hatte. Direkt davor standen Regale, die vom Boden bis zur Decke reichten und aussahen, als wären sie aus alten Autostoßstangen zusammengebaut worden.

Die Regale waren voller Behälter, und die Behälter waren voller Pflanzen.



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