003 - Golden Bay - How it ends by Bianca Iosivoni

003 - Golden Bay - How it ends by Bianca Iosivoni

Autor:Bianca Iosivoni [Iosivoni, Bianca]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Penguin Verlag
veröffentlicht: 2024-08-29T03:00:00+00:00


35. Kapitel

Ember

Die Sonne färbt den Himmel rosarot und wirft ihre letzten Strahlen auf Golden Bay. Es ist ein wunderschöner, geradezu märchenhafter Anblick – doch in mir tobt ein Sturm.

Ein letztes Mal biege ich ab und komme dann mit quietschenden Reifen vor Grandmas Haus zum Stehen. Als ich aus dem Truck springe, hält ein anderer Wagen hinter meinem. Ein graublauer Pick-up, der mir schmerzhaft vertraut ist.

Kurz bevor ich losgefahren bin, habe ich auf Holdens Nachricht geantwortet und ihm gesagt, dass ich nach Hause fahre. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass er hier auftauchen wird.

Holden schlägt die Fahrertür zu. Anscheinend kann er mir meine Stimmung sofort ansehen. »Was ist passiert?«, fragt er und kommt mit großen Schritten auf mich zu.

Die Besorgnis steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, aber ich schüttle den Kopf. Ich kann mich nur um eine Krise auf einmal kümmern, und die Sache mit meinem Vater muss ich auf der Stelle klären.

Ich nehme die Stufen zum Haus hoch, marschiere an der Haustür mit dem Blumenkranz vorbei und finde Dad auf der seitlichen Veranda, das Handy am Ohr, mitten in einem Telefonat.

Als er mich bemerkt, beendet er es. »Ember …« Sein Blick zuckt von mir zu Holden, und seine Miene verfinstert sich umgehend. »Was macht er hier?«

»Spielt keine Rolle.« Ich werfe ihm die Dokumente in den Schoß.

»Was ist das?«

»Sag du es mir.«

Ausnahmsweise ist Dads Miene ein offenes Buch, ich kann ihm jede Regung ansehen, während er die Zeilen überfliegt. Wie seine Augen sich weiten, als die Erkenntnis einsetzt.

»Tu gar nicht erst so, als wüsstest du von nichts. Da steht nicht nur dein Name, das ist auch deine Unterschrift.« Meine Stimme bebt vor mühsam beherrschten Emotionen.

Wut, Fassungslosigkeit, Angst, Verzweiflung – all das und noch so viel mehr sind in der Sekunde über mir zusammengebrochen, als ich den Umschlag geöffnet habe. Jetzt tosen sie wie ein Orkan durch mich hindurch. Und diesmal … diesmal kann ich sie nicht zurückhalten, unterdrücken, einsperren.

»Wo hast du das her?«, fragt er rau.

»Aus dem alten Haus. Vom Dachboden, den ich heute ausgeräumt habe.«

Er steht langsam auf. »Das hättest du nie finden sollen.«

»Du hast ihr die Unterlagen gegeben«, falle ich ihm ins Wort. »Nicht wahr? Das Datum ist der 6. August vor genau fünf Jahren. Am Abend, bevor Mom …«

»Oh fuck …«, flucht Holden leise.

Ich spüre seine Präsenz schräg hinter mir, aber er berührt mich nicht. Er mischt sich nicht ein. Er lässt mich diesen Kampf allein ausfechten – und das muss ich auch.

Dad räuspert sich. »Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst. Du solltest überhaupt nie etwas davon wissen, sondern weiterhin denken, dass alles in Ordnung war.«

Ich starre ihn an, und zum ersten Mal ist es, als würde ich nicht meinen Vater in ihm sehen, sondern einfach nur den Menschen, der er ist. Seine Verzweiflung ist geradezu greifbar, und er klingt, als würde er sich mit seiner Aussage selbst überzeugen wollen statt mich. Als würde er noch immer das kleine Mädchen in mir sehen, statt die erwachsene Frau, die vor ihm steht.

»Warum?« Meine Stimme klingt ruhiger und beherrschter, als ich mich fühle.



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