Zorn des Himmels: Historischer Roman (German Edition) by Dübell Richard

Zorn des Himmels: Historischer Roman (German Edition) by Dübell Richard

Autor:Dübell, Richard [Dübell, Richard]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe (Lübbe Hardcover)
veröffentlicht: 2014-10-07T22:00:00+00:00


6.

Philippa schaute in die Bootshütte. Der Schuppen war leer. Sie empfand ein Bedauern, das stärker war, als sie selbst gedacht hatte.

An einer Stelle waren die Kieselsteine zusammengescharrt, so als ob jemand versucht hätte, einen halbwegs ebenen Untergrund zu schaffen. Philippa kauerte sich nieder und presste die Hand auf die Stelle. Sie war sicher, dass Mathias sich hier sein Lager eingerichtet hatte.

In der Hütte roch es nach warmem Holz, getrocknetem Wassergras und Fisch, der üblichen schalen Geruchsmischung hier am Flussufer. Philippa kroch nach draußen und sah sich um. Ihr Boot lag wenige Schritte entfernt kieloben, angekettet an seinem Pflock. Sie spähte darunter. Mit hastigem Gekrabbel brachten sich ein paar Ratten in Sicherheit.

Beim Anleger schaukelten die Fähren im Wasser. Unter der Brücke waren die Schatten tief, der Widerschein des Lichts malte Muster auf die Decken der Brückenbögen. Es schien Philippa, als sei das Ufer menschenleerer als sonst, fast wie an einem Sonntag, obwohl heute ein Mittwoch war. Ein Bild drängte sich ihr auf: dass alle Leute zu Hause saßen und ängstlich warteten, ohne zu wissen worauf. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. Falls das überhaupt möglich war, schien es ihr heute noch heißer als sonst – und als läge eine drückende Note in der Luft. Der Himmel wies das übliche ausgewaschene Hellblau auf, das er seit Monaten zeigte. Dennoch, irgendetwas war anders. Sie fühlte ihr Herz schlagen. Die Geräusche von der Stadt klangen lauter als sonst und zugleich merkwürdiger, als würde sie in den Trichter einer großen Glocke hineinhorchen, in dem sich der Schall brach.

Kurzentschlossen holte Philippa einen Schlüssel aus ihrer Gürteltasche, bückte sich und öffnete die Kette, mit der das kleine Boot an den Pfosten gefesselt war. Sie drehte es ächzend auf den Kiel, dann zerrte sie es ins Bootshaus und verschloss die niedrige Tür mit der Kette. Danach fühlte sie sich wohler. Sie wusch sich die Hände mit Flusswasser und spritzte sich etwas davon ins Gesicht. Es kam ihr noch immer viel zu kalt vor, und hinterher fühlte sie sich nicht sauberer. Erst als sie wieder hinter der Mauer war, ging ihr auf, dass sie zum ersten Mal im Leben froh war, nicht in der Nähe des Meyns zu sein.

Was geschieht hier?, fragte sie sich beklommen. Oder geschieht es bloß mit mir?

Ihr war, als wäre der Einzige, dem sie diese Frage stellen konnte, ohne für verrückt gehalten zu werden, Mathias. Und bei genauerem Nachdenken wusste sie auch, wo sie ihn finden konnte.



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