Wintergäste in Trouville by Simon Catherine

Wintergäste in Trouville by Simon Catherine

Autor:Simon, Catherine
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2015-09-13T16:00:00+00:00


Dreizehn

Leblanc rief Gustave und Maurice Adler an und bat sie für den frühen Nachmittag ins Präsidium. Gustave befand sich in seiner Wohnung im Hôtel des Roches Noires, Maurice in der Klinik. Beide sagten sofort zu. Leblanc beschloss, sich vorher noch einmal in der Wohnung von Bernadette Latour umzusehen, auch wenn die Spurensicherung sie schon genauestens untersucht hatte.

Der Concierge öffnete ihm das Portal, und der Kommissar ließ sich vom Fahrstuhl in den zweiten Stock bringen. Das Siegel an der Tür war unversehrt. Er durchtrennte es und betrat die Wohnung, die nach zwei Tagen ohne Lüften ein wenig muffig roch. Was er suchte, wusste er nicht genau. Er würde es wissen, wenn er es fand. In der Schreibtischschublade lagen Stifte und unbeschriebenes Notizpapier, ein paar Steine, Muscheln, ein Haarband. Er ging ins Schlafzimmer und öffnete den Wandschrank, darin waren Kleidung, eine Wolldecke, nichts Ungewöhnliches. In den Taschen der Daunenjacke ein Papiertaschentuch, in dem kleinen Rollkoffer Leere. Leblanc tastete sogar die hintere Wand des Schranks ab, ob sich dort ein Geheimfach befand. Aber das hätten die Kollegen sicher entdeckt.

Als er aus dem Fenster sah, bemerkte er, wie nah das Meer bei Flut an das Gebäude herankam. Man hatte den Eindruck, auf einem Schiff zu sein, um sich herum nur Wellen. Als würde sich diese visuelle Wahrnehmung sofort in einen körperlichen Reiz umsetzen, fühlte er sich schwankend. Hier könnte er nicht wohnen. Er war froh, dass seine Wohnung am Jachthafen eine angemessene Entfernung zum Meer aufwies. Zurück im Wohnzimmer, baute er sich vor dem Bücherregal auf, nahm jedes Buch in die Hand, schüttelte es. Nichts, kein Zettel, keine Notiz. Der Liebhaber von Marguerite Duras wies deutliche Lesespuren auf, Anmerkungen am Rand und unterstrichene Textpassagen. Leblanc blätterte es durch, fand aber keinen Hinweis, der den Liebhaber von Marguerite Duras mit dem Liebhaber der Leserin in Verbindung bringen könnte. Er zog die Bildbände aus dem Regal, Kataloge von Ausstellungen und Monografien von Malern. Den Band über den Architekten Richard Meier und seine Bauten schlug er auf und fand auf der ersten Seite eine Widmung: »In Liebe, G.« Dem Inhaltsverzeichnis war zu entnehmen, dass Gustave Adler einen Aufsatz zu diesem Band beigetragen hatte. Leblanc setzte sich, ließ das Buch auf seine Knie sinken. Er hatte sich geirrt. Nicht mit Maurice hatte Bernadette eine Liaison, sondern mit Gustave. Er schüttelte den Kopf, konnte den strengen Gustave nicht mit der engagierten, diskussionsfreudigen Bernadette in Verbindung bringen. Aber, wie er immer sagte, man sollte nichts ausschließen. Im Lauf seines Arbeitslebens hatte er so oft erlebt, dass sich das Unwahrscheinliche und nicht das Wahrscheinliche als wahr erwiesen hatte. Den Bildband nahm er mit.

Auf dem Weg ins Präsidium entschied er, obwohl es jetzt, um Viertel nach zwölf, fast zu früh war zum Mittagessen, ins Central zu gehen. Aber er hatte Hunger, denn am Morgen hatte er nur einen Kaffee getrunken. Er bestellte einen Salat aus marinierten Anchovis und als Hauptgericht Moules et Frites, Miesmuscheln mit Pommes Frites, darauf hatte er Appetit. Seine Gedanken drehten sich um den Fall. Hätte Gustave Adler ein



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.