Von meinem Blut by Harlan Coben

Von meinem Blut by Harlan Coben

Autor:Harlan Coben [Coben, Harlan]
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-06-05T22:00:00+00:00


20

Um zwei Uhr morgens kamen wir wieder im Claridge’s an. Win zog sich sofort zurück, weil er »ein bisschen Zeit mit Mia verbringen« wollte. Ich duschte ausgiebig. Als ich einen Blick in die Minibar des Zimmers warf, huschte ein kurzes Lächeln über mein Gesicht. Sie war randvoll mit Yoo-hoo-Schokodrinks. Dieser Win.

Ich trank eine Flasche und wartete auf den Zuckerflash. Dann stellte ich den Fernseher an und zappte unablässig herum, weil echte Männer das so machen. Lauter amerikanische Serien aus dem letzten Jahr. Tereses Tür war geschlossen, ich bezweifelte aber, dass sie schlief. Ich setzte mich aufrecht hin und atmete ein paar Mal tief durch.

Es war zwei Uhr nachts. Also acht Uhr abends in New York. Fünf Uhr nachmittags in Scottsdale, Arizona.

Ich sah mein Handy an. Ich dachte an Ali, Erin und Jack in Arizona. Ich wusste nicht viel über Arizona. Da war doch nur Wüste, oder? Wer wollte denn schon in der Wüste leben?

Ich wählte Alis Handynummer. Es klingelte drei Mal, bis sie sich mit einem argwöhnischen »Hallo?« meldete.

»Hey«, sagte ich.

»Deine Nummer war nicht im Display«, sagte Ali.

»Ich habe ein anderes Handy, bin aber immer noch unter der gleichen Nummer erreichbar.«

Schweigen.

Ali fragte: »Wo bist du?«

»In London.«

»London? Das London in England?«

»Ja.«

Ich hörte eine Stimme. Klang nach Jack. Ali sagte: »Einen Moment, Schatz. Ich telefoniere.« Mir fiel auf, dass sie nicht gesagt hatte, mit wem sie telefonierte. Normalerweise tat sie das.

»Mir war gar nicht klar, dass du im Ausland bist«, sagte Ali.

»Ich habe einen Anruf gekriegt. Eine Freundin war in Schwierigkeiten. Sie hat …«

»Freundin?«

Ich brach ab. »Ja.«

»Wow, das ging aber schnell.«

Ich wollte sagen: Es ist nicht so, wie du denkst, verkniff es mir aber. »Ich kenne Sie schon seit zehn Jahren.«

»Verstehe. Dann ist das nur ein Überraschungsbesuch in London, um dich da mit einer alten Freundin zu treffen?«

Schweigen. Dann hörte ich wieder Jacks Stimme, die fragte, wer am Telefon war. Die Frage drang irgendwo aus der Wüste quer über den größten Teil der Vereinigten Staaten und über den Atlantischen Ozean an mein Ohr und ließ mich zusammenzucken.

»Ich muss los, Myron. Wolltest du noch irgendwas?«

Gute Frage. Wahrscheinlich schon, aber dies war nicht der richtige Zeitpunkt. »Ich glaub nicht«, sagte ich.

Ohne noch ein Wort zu sagen, legte sie auf. Ich sah das Handy an, spürte das Gewicht in der Hand, dann dachte ich, einen Moment mal – Ali hatte es beendet, oder etwa nicht? Hatte sie das nicht vor – wann war das? – zwei Tagen ganz deutlich gesagt? Und was hatte ich mit diesem verdammten Anruf eigentlich erreichen wollen?

Warum hatte ich sie angerufen?

Weil ich es nicht ausstehen konnte, wenn Dinge in der Luft hingen? Weil ich hier das Richtige tun wollte – was immer das auch bedeutete.

Die Schmerzen vom Kampf machten sich wieder bemerkbar. Ich stand auf, streckte mich, versuchte, die Muskeln zu lockern. Ich sah Tereses Tür an. Sie war geschlossen. Ich schlich hinüber, öffnete sie einen Spaltbreit und spähte in ihr Zimmer. Das Licht war aus. Ich horchte auf ihren Atem. Nichts. Ich zog die Tür langsam wieder zu.

»Bitte geh nicht«, sagte Terese.



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