Verzehrt: Roman by David Cronenberg

Verzehrt: Roman by David Cronenberg

Autor:David Cronenberg [Cronenberg, David]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General, Fiction
ISBN: 9783104030166
Google: LqWFAwAAQBAJ
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-10-29T04:00:00+00:00


»Wie sieht’s aus, Nate, willst du mal Kinder haben?«

Sie saßen nebeneinander auf der grobgepflasterten Patio und sahen auf den schmalen Pool und einen zugewachsenen Teich hinab, in dem einige ziemlich große Koi schwammen. Dahinter stand ein mit Schiefer gedeckter Schuppen, offenbar original – das heißt, ungefähr hundert Jahre alt –, und dahinter ein nichtssagender Block von Eigentumswohnungen. Nathan fragte sich, wie viele der Bewohner sie gerade mit Ferngläsern und Teleskopen beobachteten. Er hörte das Plätschern eines kleinen, künstlich angelegten Baches oder Wasserfalls, aber er sah nichts, weil sie unter einem ausladenden Sonnenschirm aus Teakholz und Segeltuch saßen, der aus einem abgedichteten Loch in der Mitte des Tisches emporwuchs. Der Tisch war ebenfalls ausladend, ebenfalls aus Teakholz. Eine kleine, nervöse asiatische Frau hatte ihnen Kaffee und Schalen mit Nüssen und Beeren gebracht.

»Keine Ahnung, Barry.«

»Du hast doch bestimmt irgendwo was Festes, oder nicht?« Die Sonne stand hoch und brannte, und Roiphe hatte Sonnenclips auf seine Brille gesteckt, die sogar noch größer waren als die Brillengläser selbst; die verchromten Unterkanten der Clips drückten sich in seine schlaffen Wangen.

»Ja, ich denke schon, auf eine Art.«

Roiphe spielte mit seinem Tilley-Hut aus khakifarbenem Netzstoff, er knickte die Krempe, drückte die Krone ein und brachte sie wieder in Form, setzte ihn auf und wieder ab. »Bemerke ich da ein bisschen sexuelle Ambivalenz? Vor einer Weile war es bei Hausärzten groß in Mode, sich in Sexualtherapie zu versuchen. Keine Ahnung, wie gesund das war, aber es war verdammt verbreitet. Da sieht man doch sofort die Psychopathologie des Ganzen. Ich hab mich geweigert mitzumachen. Meine Kollegen haben sich damit ziemlichen Ärger eingehandelt. Viele Ehen haben’s nicht überstanden.«

»Ambivalenz, kann sein. Sexuell würde ich nicht sagen.« Die Blaubeeren waren ausgesprochen gut, doch die Himbeeren waren matschig und schmeckten sauer. »Das Problem ist eher Bindungsangst, würde ich sagen. Nicht nur, sich an eine bestimmte Frau zu binden, sondern an eine bestimmte Zukunft. Ganz banal, nichts Ungewöhnliches.« Er richtete sein Nagra so aus, dass es in ausreichender Lautstärke aufnehmen konnte, trotz der lauten Hintergrundgeräusche des Mittagsverkehrs. »Aber wo wir gerade von Psychopathologie sprechen. Mich wundert das schon: du als Psychiater deiner eigenen Tochter.«

Roiphe gluckste und schenkte sich mit zitternder Hand Kaffee nach, wobei ein paar Tropfen auf der Krempe des Hutes landeten, der jetzt neben seiner Tasse lag. »Ganz schön frech von dir. Also, zunächst mal ist das die Art, wie ich mein Vatersein schon immer verstanden habe. Ich bin von Haus aus analytisch. Emotionslos. Ich kann nichts dagegen tun. Das heißt nicht, dass ich gefühlskalt bin, auch wenn meine arme verstorbene Frau da widersprochen hätte. Aber verdammt, was würdest du denn machen? Wir haben sie nach Frankreich geschickt, Rose und ich, mit allerbesten Absichten – das kannst du dir ja vorstellen, bei den Kosten. Chase war so ein schlaues Mädchen, und ihre Ansichten waren irgendwie europäisch. Wenn sie nach was Spannendem oder Inspirierendem gesucht hat, dann nie in den Staaten. Zum Teil war es ein Sprachending. Natürlich wird in den USA viel Spanisch gesprochen, aber sie wollte mehr, sie wollte ein Land,



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