Verrat in Wolfsburg by Manuela Kuck

Verrat in Wolfsburg by Manuela Kuck

Autor:Manuela Kuck [Kuck, Manuela]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783863583170
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2014-06-17T22:00:00+00:00


ELF

Die Sonne war gerade aufgegangen, als Johanna sich im Sassnitzer Hafen auf den Weg in Richtung Mole machte. Fischkutter kehrten im violetten Morgenlicht vom ersten Fang zurück. Johanna beobachtete zwei zänkische Möwen und atmete tief ein. Wie unwirklich, dachte sie. Abgesehen davon, dass sie vorhatte, sich am Hafen einen Fischimbiss zu besorgen und anschließend Emma Arnold aufzusuchen, war ihr völlig unklar, wie sie weiter vorgehen sollte. Sie konnte nicht ausschließen, dass Emma in Panik geraten und fliehen würde, und bei aller Sympathie und Übereinstimmung mit Annegret Kuhl – das fände die Staatsanwältin alles andere als komisch. Von Grimich ganz zu schweigen, deren Humorwerte grundsätzlich gegen null tendierten.

Eine laue Brise umschmeichelte ihr Gesicht. Johanna erstand einen Becher Kaffee und ein Fischbrötchen, das betörend würzig duftete, und entschied sich, zu Fuß in die Weddingstraße aufzubrechen – laut ihres Smartphone-Navis befand sich der Bungalow in gerade mal anderthalb Kilometer Entfernung am äußersten nordöstlichen Stadtrand, wo der Nationalpark Jasmund begann. Sie benötigte eine gute Viertelstunde, bis sie die kleine Siedlung erreichte. Das Haus, das Emma mit großer Wahrscheinlichkeit bewohnte, stand einige Meter abseits und wurde von einer dichten Hecke geschützt – fast wie in Nordsteimke, dachte Johanna verblüfft, während sie langsam daran vorbeiging und sich nach allen Seiten umsah. Es gab einen Schuppen, der wahrscheinlich als Garage genutzt wurde, mutmaßte sie, und einen kleinen Vorgarten. Neben der Haustür stand ein Fahrrad. Die Rollläden waren hochgezogen. Es war still. Auch aus den anderen Häusern drang kein Laut, was angesichts der frühen Morgenstunde mitten in der Ferienzeit nicht weiter verwunderte.

Johanna drehte am Ende der Straße und flanierte ein zweites Mal am Haus vorbei. Diesmal nahm sie aus den Augenwinkeln etwas wahr – eine Bewegung am Fenster, als stünde jemand hinter dem Vorhang und spähte vorsichtig hinaus. Sie atmete zweimal tief durch und betrat das Grundstück, um ohne weitere Verzögerung an die Tür zu treten und zu klopfen. Es rührte sich nichts. In der Ferne erklang eine Schiffssirene.

Johanna klopfte ein zweites Mal. »Frau Arnold, ich weiß, dass Sie da sind«, sagte sie halblaut. »Lassen Sie mich bitte herein. Ich bin Johanna Krass, und ich habe den weiten Weg hierher ganz bestimmt nicht gemacht, um unverrichteter Dinge wieder umzukehren.«

Das Haus schien zu erstarren. »Ich bin allein«, fügte Johanna hinzu, »und niemand weiß, dass ich hier bin. Ich habe mich spontan zu diesem Ausflug entschlossen. Ich will nur mit Ihnen reden – nicht mehr, aber auch nicht weniger.«

Eine Minute verstrich. Johanna setzte sich auf die Eingangsstufen. Sie war plötzlich hundertprozentig sicher, dass Emma hinter der Tür stand und nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Die zwiespältigsten Gefühle mussten sie gefangen halten – Angst, Zweifel, Panik, aber vielleicht auch Neugierde.

»Ich bin übrigens die halbe Nacht durchgefahren«, hob Johanna wieder an. »Und nun brauche ich einen anständigen Kaffee, besser noch zwei. Ein Frühstück wäre auch nicht schlecht. Der kleine Fischimbiss, den ich mir am Hafen besorgt habe, war lecker, geht aber höchstens als Vorspeise durch, jedenfalls bei mir. Ich habe stets einen gepflegten Appetit. Fragen Sie Eva, die wird Ihnen das bestätigen.



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