Utopia by Thomas More

Utopia by Thomas More

Autor:Thomas More [More, Thomas, Sir, Saint]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Utopias -- Early works to 1800
Herausgeber: MOST Publishing
veröffentlicht: 2008-10-19T16:00:00+00:00


Die Reisen der Utopier

Wer das Verlangen haben sollte, seine Freunde in einer anderen Stadt zu besuchen oder sich auch nur den Ort selbst anzusehen, erhält von seinem Syphogranten und Traniboren mit Leichtigkeit die Erlaubnis dazu, wenn er irgendwie abkömmlich ist. Man schickt dann eine gewisse Anzahl Urlauber zusammen ab und gibt ihnen ein Schreiben des Bürgermeisters mit, in dem die Reisegenehmigung bestätigt und der Tag der Rückkehr vorgeschrieben ist. Die Reisenden bekommen einen Wagen mit einem staatlichen Sklaven gestellt, der das Ochsengespann führen und besorgen muß; wenn sie aber nicht gerade Frauen bei sich haben, weisen sie den Wagen als lästig und hinderlich zurück. Obgleich sie auf der ganzen Reise nichts mit sich führen, fehlt es ihnen doch an nichts; sie sind ja überall zu Hause. Sollten sie sich irgendwo länger als einen Tag aufhalten, so übt jeder daselbst sein Gewerbe aus und wird von seinen Handwerksgenossen aufs freundlichste behandelt.

Wenn sich aber jemand außerhalb seines Wohnbezirks eigenmächtig herumtreiben und ohne amtlichen Urlaubsschein aufgegriffen werden sollte, so betrachtet man ihn als Ausreißer, bringt ihn mit Schimpf und Schande in die Stadt zurück und züchtigt ihn streng; im Wiederholungsfalle büßt er mit dem Verlust seiner Freiheit. Wenn aber jemanden die Lust anwandeln sollte, auf seinen heimatlichen Fluren spazierenzugehen, so hindert ihn niemand daran, vorausgesetzt, daß er die Erlaubnis seines Hausvaters und die Einwilligung seiner Frau hat. Wohin er aber auch aufs Land kommt, nirgends gibt man ihm etwas zu essen, ehe er nicht das dort vor dem Mittags- oder Abendessen übliche Arbeitspensum erledigt hat; unter dieser Bedingung kann er ganz nach Belieben innerhalb des Gebietes seiner Stadt spazierengehen. Wird er sich doch auf diese Weise der Stadt ebenso nützlich machen, als wenn er sich in ihr selber aufhielte.

Ihr seht schon, in Utopien gibt es nirgends eine Möglichkeit zum Müßiggang oder einen Vorwand zur Trägheit. Keine Weinschenken, keine Bierhäuser, nirgends ein Bordell, keine Gelegenheit zur Verführung, keine Schlupfwinkel, keine Stätten der Liederlichkeit; jeder ist vielmehr den Blicken der Allgemeinheit ausgesetzt, die ihn entweder zur gewohnten Arbeit zwingt oder ihm nur ein ehrbares Vergnügen gestattet.

Diese Lebensführung des Volkes hat notwendig einen Überfluß an jeglichem Lebensbedarf zur Folge, und da alle gleichmäßig daran teilhaben, ist es ganz natürlich, daß es Arme oder gar Bettler überhaupt nicht geben kann. Im Senat von Mentiranum, wo sich, wie erwähnt, alljährlich drei Abgeordnete aus jeder Stadt einfinden, stellt man zunächst fest, wovon es in den einzelnen Bezirken einen Überschuß gibt und worin irgendwo der Ertrag zu gering gewesen ist. Dann gleicht man alsbald den Mangel der einen Bezirke durch den Überfluß der anderen aus, und zwar geschieht das unentgeltlich, ohne daß die Geber von den Empfängern eine Entschädigung erhalten. Dafür aber, daß eine Stadt irgendeiner anderen aus ihren Beständen ohne Gegenforderung liefert, erhält sie auch wieder, was sie braucht, von einer Stadt, der sie nichts gegeben hat. So bildet die ganze Insel gleichsam eine einzige Familie.

Nachdem aber die Utopier sich selbst zur Genüge mit Vorräten versorgt haben, was nach ihrer Ansicht erst dann der Fall ist, wenn sie wegen



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