Totensommer by Teige Trude

Totensommer by Teige Trude

Autor:Teige, Trude
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2016-02-14T16:00:00+00:00


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Die kleine weiße Kirche in Losvika war bis auf den letzten Platz besetzt, als Jenny und Gert, fünf Tage nach ihrer und zehn Tage nach seiner Ermordung, zur letzten Ruhe gebettet werden sollten. Die Menschen waren gemessenen Schrittes hereingekommen und hatten sich einen Sitzplatz gesucht, während leise Orgelmusik den Kirchenraum füllte.

In der ersten Reihe saß Margrethe zusammen mit ihrem Mann und den beiden erwachsenen Söhnen, die aus den USA gekommen waren. Neben ihr saßen Dieter und ein Freund von ihm, der mit Dieters Sohn aus Deutschland angereist war. Der kleine Junge saß regungslos da und lehnte den Kopf an die Schulter seines Vaters. In der Reihe hinter ihnen saßen Borghild und Robert. Tille und ihr Mann hatten sich einen Platz auf der anderen Seite des Mittelgangs ausgesucht.

Kajsa drehte sich um und entdeckte Karsten, der oben auf einer der Galerien stand. Dort hatten sich auch Journalisten und Fotografen der Hauptstadtpresse eingefunden, darunter zwei Kollegen von Kanal 4.

Abgesehen von den Ermittlern war Kajsa noch immer die Einzige, die wusste, dass Dieter und Margrethe Geschwister waren. Sie blickte gespannt nach vorn, als Dieter und Margrethe aufstanden und gemeinsam zu den beiden weißen Särgen hintraten, die mit roten Rosen geschmückt waren. Zwei identische Särge, Seite an Seite.

Kajsa fragte sich, was die Leute wohl denken mochten.

Dieter war ein guter Redner, der es offensichtlich gewohnt war, vor einer großen Gruppe zu sprechen. Lebhaft erzählte er von seiner Kindheit und Jugend, berichtete von der Unterstützung, Aufmunterung und Nähe, die ihm sein Vater hatte zuteilwerden lassen.

»Er gab mir das Gefühl, der wichtigste Mensch auf der Welt zu sein«, sagte er. »Aber er lehrte mich auch, dass alle Menschen gleich viel wert sind.«

Kajsa musste an Gert Benedicts Lebenslüge denken. Dieter musste sehr verletzt sein, zeigte es aber nicht. Ganz im Gegenteil.

Er drehte sich zu Margrethe. Sie hakte sich bei ihm ein, bevor er fortfuhr.

Kajsa sah, wie zwei Frauen in der Reihe vor ihr Blicke wechselten und die Augenbrauen hochzogen.

In der Kirche war es völlig still. Als hätten alle Anwesenden eine Abmachung getroffen, den Atem anzuhalten, um sich nichts entgehen zu lassen.

Dieter erzählte von Jenny. Berichtete, wie sie einem kleinen Jungen Geborgenheit vermittelt habe, dessen Mutter nicht in der Lage gewesen war, ihm die normale Zuwendung zu geben, die ein Kind brauchte.

Er schloss seine Ansprache mit den Worten, sein Vater habe sich gewünscht, dass Erik Byes Blauer Choral gespielt werden sollte und dass er hier auf der Insel begraben werden wollte. »Das sagt wohl alles darüber, was es ihm bedeutet hat, jeden Sommer hierherzukommen«, sagte Dieter und trat näher an die Särge heran. Margrethe blieb einen Schritt hinter ihm zurück.

Kajsa stutzte. Würde er etwa nicht erzählen, dass Jenny seine Mutter gewesen war? Und was war mit Margrethe?

Mit zweihundert anderen Zuschauern beobachtete Kajsa, wie Dieter einen Kranz vom Kirchendiener entgegennahm und sagte: »Hab vielen Dank für alles, lieber Vater.« Dann legte er den Kranz auf den Sarg seines Vaters und blieb dort eine Weile mit gesenktem Kopf stehen.

Wird Margrethe den Kranz auf den anderen Sarg legen?, fragte sich Kajsa.

Margrethe trat einen



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