Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) by Sigurdardóttir Yrsa

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) by Sigurdardóttir Yrsa

Autor:Sigurdardóttir, Yrsa [Sigurdardóttir, Yrsa]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104020068
Herausgeber: S.Fischer Verlage
veröffentlicht: 2012-11-20T23:00:00+00:00


15. Kapitel

Unten in der Tiefe war die Sicht schlecht. Der Scheinwerfer war ungewohnt, und Ægir stellte sich so ungeschickt an, dass der Lichtschein ständig flackerte. Alles wirkte lebendig und zugleich furchteinflößend, als könne jeden Moment etwas passieren. Das eine Mal, als Ægir im Meer getaucht war, hatte nichts mit dieser Schnapsidee gemein; damals hatte er sich gut gefühlt und fast vergessen, wie fragil das Leben unter der Wasseroberfläche war. Jetzt hämmerte das Herz in seiner Brust, und er musste sich bei jedem Atemzug darauf konzentrieren, genug Sauerstoff durch das Mundstück zu bekommen und nicht durchzudrehen. Doch er konnte sich einfach nicht beruhigen. Der Plastikgeschmack in seinem Mund wurde immer stärker, und Ægir wurde mit jedem Atemzug nervöser.

Er schaute nach oben in der Hoffnung, sich zu entspannen, wenn er sah, wie kurz der Abstand zur Wasseroberfläche war. Doch es half nicht. Die Helligkeit weckte ein unkontrollierbares Verlangen, durch die Nase zu atmen. Schnell senkte er den Kopf wieder und spürte, wie seine eiskalten Halswirbel knackten. Das Geräusch war gedämpft und schien ganz langsam durchs Meer getragen zu werden – wozu auch Eile? Es hörte ja niemand zu. Die Yacht knirschte unablässig, vermutlich wegen der Spannung in der Stahlwand, was Ægirs angespannte Nerven nur noch mehr strapazierte. Was, wenn der Schiffsrumpf kaputt war? Würden sie von ihm verlangen, noch einmal mit Werkzeug hinunterzutauchen und den Schaden zu reparieren? Er verdrängte den Gedanken, indem er die Augen zukniff und dreimal durchatmete. Die Luftblasen blubberten an seinen Ohren vorbei, und er beneidete sie darum, auf dem Weg an die Oberfläche zu sein. Dann riss er die Augen wieder auf und nahm sich zusammen. Je eher er sich ans Werk machte, desto früher kam er aus dieser Hölle heraus.

Er packte den Scheinwerfer fester und versuchte, den Lichtstrahl gerade zu halten. Als ihm das einigermaßen gelang, bewegte er die Lampe hin und her und suchte den Container, der nicht weit entfernt sein konnte. Þráinn hatte ihn in einigem Abstand dazu hinuntergelassen, damit die Sauerstoffflasche auf seinem Rücken nicht an dem Container entlangratschte und kaputtging. Was würde passieren, wenn sich die Flasche an dem Container verhakte? Könnte er sich dann befreien? Es war schon schwer genug gewesen, das Ding an Deck mit Hilfe der anderen anzulegen, aber sie unter Wasser in Panik abzuschütteln?

Der Lichtstrahl traf auf den schwimmenden Container, und Ægir paddelte langsam mit den Flossen vorwärts. Er versuchte, den gesamten Container abzuleuchten, aber das Wasser war trüb, und das Licht konnte nicht viel ausrichten. Er erinnerte sich daran, dass durch die Taucherbrille alles viel größer wirkte, als es tatsächlich war. Dennoch war ihm an Deck nicht klar gewesen, wie groß das Ding eigentlich war. Der Kapitän hatte recht gehabt: Für den massiven Stahlcontainer war es ein Leichtes, die Schiffsschraube oder das Steuerblatt zu beschädigen. Er lag schräg an der Schiffswand, als hätte man ihn an einer Ecke aufgehängt. Eine der beiden Türen war aufgegangen und hing über dem Abgrund, während die andere fest verschlossen zu sein schien. Das war zweifellos der Grund dafür, dass der Container nicht gesunken war: Eine Ecke hatte sich mit Luft gefüllt.



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