Tod im Rheinfall by Millns

Tod im Rheinfall by Millns

Autor:Millns
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-31T05:00:00+00:00


24

Anna Galati tastete das Drahtgitter ab. Ganz in der Nähe musste die Stelle sein, die sie zuvor, bei Tageslicht, aufgeschnitten hatte. Sie war nervös. Sie erinnerte sich an ihre frühe Zeit in Olten, fünfzehn, zwanzig Jahre her. Fest zum 1. Mai. Tag der Arbeit. Tag der Linken, Guten und Engagierten.

In der Reithalle in Olten gab es wie jedes Jahr ein rauschendes Fest zum 1. Mai. Immer spielte eine Band bis zum Morgengrauen. Sangria floss in Hülle und Fülle. Meist wurde das Fest von einer spanischen Gewerkschaft organisiert, zusammen mit italienischen und Schweizer Gewerkschaftern. Kleine Mädchen in lackierten Schuhen verloren sich zwischen den Festbänken, wurden von Tanten oder Onkeln aufgegriffen und auf die Tanzfläche befördert, wo die Eltern sich der Musik und dem anderen hingaben. Gewerkschaftsfrauen wurden von Künstlern aller Sparten nach vorne gezerrt, während die ersten Ehemänner ihrem Kater entgegendämmerten. Südländische Machos saßen von Sozialdemokratinnen umringt und erzählten Anekdoten aus der Heimat, während die Gattinnen im Hintergrund Paellapfannen schrubbten.

Spät nachts, noch während drinnen der Schweiß dampfte, sass Anna draußen und trank Bier. Wer von ihren Kumpels dabei gewesen war, daran konnte sie sich nicht erinnern, aber daran, dass es für die Jahreszeit außergewöhnlich warm war. Plötzlich und ohne zu wissen, wie die Sache begonnen hatte, war die Gruppe unterwegs zum Schwimmbad, welches nur einen Steinwurf von der Reithalle entfernt lag. Man hatte beschlossen, über den Maschendrahtzaun hineinzuklettern, um nackt ins Wasser zu springen. Beat Klinghofer oder Klingenberger oder so ähnlich, der Pianist, war auch dabei. Damals wusste sie nicht, dass er der erste Mann sein würde, der in sie eindrang.

Es war prickelnd, dort nackt und unbeschwert herumzuschwimmen, wo sie sonst jüngere Sportlerinnen und Sportler auf die Wettkämpfe vorbereitete. Schon bald kletterten die Ersten auf die Sprungbretter und ließen sich kopfüber ins Wasser fallen.

Galati kroch durch das offene Stück des Maschendrahtzaunes und musste schmunzeln, als sie sich an einen Spargeltarzan erinnerte, der mit den Füßen voraus vom Fünfmeterbrett sprang. Er blieb eine ganze Weile im Wasser, so lange, bis sich seine Hoden vom Aufschlag erholt hatten.

Schon bald zogen sich die anderen wieder an. Anna ließ sie gehen und tauchte mehrmals im dunklen Wasser. Als sie an den Rand des Beckens geschwommen war, sass dort Klingenberger oder Klingenhofer. Er hatte einen großen Krug Sangria und zwei Plastikbecher neben sich stehen. Er half Anna aus dem Wasser und bot ihr einen Becher an. Sie setzte sich, noch immer nackt, zu ihm hin und trank. Sie kicherte, als er nachschenkte. Als er sich nach dem dritten Becher schwer auf sie legte, kippten ihre Ellbogen weg. Er versuchte, sie zu küssen. Sie war zu betrunken, um sich ernsthaft zu wehren. Sie merkte, wie sein Knie zwischen die ihren fuhr, und dann war er in ihr, keuchte einige Momente und stand wieder auf, zog sich an und kletterte über den Zaun zurück in die Reithalle.

Anna hatte sich nach links abgedreht und kotzte eine rote Brühe neben das Schwimmbecken. Sie rappelte sich mit Mühe hoch, taumelte und fiel rückwärts ins Wasser. Es wäre ihr egal gewesen dazubleiben, und sie wusste nicht, wie sie wieder an die Oberfläche gekommen war.



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