Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) by Leon Donna

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) by Leon Donna

Autor:Leon, Donna [Leon, Donna]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Tags: Kriminalliteratur
ISBN: 9783257603095
Herausgeber: Diogenes Verlag AG
veröffentlicht: 2013-05-27T17:00:00+00:00


19

Vianello und Brunetti hatten sich umsonst Gedanken um die richtige Kleidung für den Besuch des Schlachthofs gemacht; sie hätten ebenso gut im Smoking erscheinen können. Da Brunetti es sich nicht ausreden ließ, Dottor Navas Arbeitsplatz persönlich in Augenschein zu nehmen, rief Signorina Borelli als Erstes den Chefschlachter Leonardo Bianchi an und bestellte ihn in die Umkleide. Dann führte sie die beiden durch einen kahlen Flur und zwei Treppen hinauf in einen spartanisch eingerichteten Raum, der Brunetti an ähnliche Räume in Filmen erinnerte, die in amerikanischen Highschools spielten: Metallspinde an den Wänden, in der Mitte ein Tisch voller Kratzer und Flecken von Zigaretten und verschütteten Flüssigkeiten; Bänke, auf denen zerknitterte Ausgaben von La Gazzetta dello Sport, schmutzige Socken und leere Pappbecher lagen.

Vor einem Spind blieb sie stehen, zog schweigend ein Schlüsselbund aus der Tasche und öffnete das Vorhängeschloss mit einem kleinen Schlüssel. Sie nahm einen zusammengelegten weißen Papieroverall heraus, wie die Leute von der Spurensicherung sie tragen, faltete ihn auseinander und reichte ihn Brunetti; einen zweiten gab sie Vianello. »Ziehen Sie, um hineinzuschlüpfen, die Schuhe aus«, sagte sie.

Brunetti und Vianello befolgten ihre Anweisungen. Als sie ihre Schuhe wieder anhatten, gab sie ihnen zwei Paar Schuhschützer aus transparenter Folie, die sie sich über die Schuhe streiften. Als Letztes kamen transparente Kunststoffhauben, die aussahen wie die, die Paola unter der Dusche trug. Die zogen sie sich über den Kopf.

Signorina Borelli musterte sie wortlos von oben bis unten. Die Tür gegenüber der, durch die sie gekommen waren, ging auf, und ein großer bärtiger Mann kam in den Raum. Er trug einen langen grauen Kittel, der ursprünglich einmal weiß gewesen und vorne und an den Seiten mit großen roten Flecken beschmiert war. Brunetti sah auf seine Füße und war froh, dass sie die Schuhschützer bekommen hatten.

Der Mann, offenbar der Chefschlachter, nickte Signorina Borelli zu und sah die beiden Männer gleichgültig an. Man stellte sie einander nicht vor. Der Mann sagte: »Kommen Sie, meine Herren.« Brunetti und Vianello folgten Bianchi zu der Tür. Kaum öffnete er sie, drangen die Schreie, die schweren Schläge und das Klirren wieder auf sie ein.

Er führte sie einen schmalen, etwa fünf Meter langen Flur hinunter zu einer weiteren Tür. Brunetti empfand das Rascheln seines Schutzanzugs und das Glitschen der Schuhschützer unter seinen Füßen als äußerst unangenehm. Er sah auf den Boden, um festzustellen, ob der ihm genug Halt bot. Dabei geriet er für einen winzigen Augenblick ins Straucheln, denn als er vor sich einen blutigen Schuhabdruck bemerkte, wich er mit dem rechten Fuß zur Seite aus, landete unbeholfen und erkannte zu spät, dass es kaum einen Unterschied machte, ob er darauf trat oder nicht; es sei denn, man wäre abergläubisch.

Brunetti warf einen Blick nach hinten und sah Vianellos angespannte Miene; rasch wandte er sich wieder Bianchis Rücken zu. Brunetti zitterte: Der anschwellende Lärm hatte alle anderen Wahrnehmungen übertönt, erst jetzt bemerkte er die Kälte. Vianello schien vor sich hinzusummen. Lärm und Kälte nahmen zu, als sie sich der Tür näherten. Bianchi blieb davor stehen und legte eine Hand auf den Metallriegel. Einmal nach unten drücken, und sie würde aufgehen.



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