Sühne deine Schuld (German Edition) by Olle Lönnaeus

Autor:Olle Lönnaeus [Lönnaeus, Olle]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781542046565
Herausgeber: Amazon Crossing
veröffentlicht: 2017-07-10T22:00:00+00:00

Als er aufwachte, war es draußen bereits dunkel. Vor dem Fenster, jenseits der roten Geranie, herrschte tiefschwarze Finsternis. Auf der Kommode brannte eine einsame Kerze. Ihr Schein fiel auf das Bild mit dem großen Segelschiff, das über eine stürmische See glitt.

Jonny betrachtete das Bild verschlafen. Das Schiff hatte etwas Wildes und Unbezwingbares an sich, als würde es von Piraten gesteuert, die absichtlich ihrem Untergang entgegensegelten. Einen Moment lang stellte er sich vor, selbst Teil der Besatzung zu sein.

»Fünfzig Kronen auf dem Flohmarkt. Gefällt es dir?«

Eva stand mit einem Glas Wein in der Hand in der Tür, aber ihre Gesichtszüge konnte er in dem schwachen Licht nicht entschlüsseln.

Wie lange hat sie mich schon beobachtet?, dachte Jonny.

»Du hast im Schlaf geredet.«

»Habe ich das?«

»Mhm …«

»Was habe ich gesagt?«

»Du hast Maria gerufen. Mehrere Male. Du schienst panische Angst zu haben.«

Jonny versuchte, sich an den Traum zu erinnern, aber die Bilder waren zu diffus. Irgendjemand war dabei zu ertrinken, jemand, den er retten musste.

»Das ist meine Tochter«, murmelte er. »Sie heißt Maria.«

»Ein schöner Name.«

»Sie ist adoptiert. Aus Rumänien.«

»Vielleicht hast du dir um sie Sorgen gemacht, als du in der Pizzeria von Rumäninnen gesprochen hast?«, schlug Eva vor.

»Vielleicht … Ich träume häufiger, dass ihr etwas zustößt. Und dass ich sie nicht beschützen kann.«

»Weshalb sollte ihr etwas zustoßen?«

Jonny schob die Decke beiseite, die sie über ihn gelegt haben musste, während er schlief, und setzte sich im Sofa auf. Schlaftrunken schüttelte er den Kopf und wich ihrem Blick aus, so gut es ging. Ich öffne mich vor ihr, dachte er. Das ist gefährlich.

»Die Fantasie geht mit mir durch … Ich weiß nicht.«

»Wie fühlt sich deine Hand an?«

»Sie tut weh … Aber danke für deine Hilfe.«

Er stand auf, doch ihm wurde sofort wieder schwindlig.

»Wie spät ist es?«, fragte er unsicher. »Ich sollte mich auf den Weg machen …«

»Kurz nach neun. Ich habe uns etwas zu essen gemacht.«

Unfähig zu protestieren, folgte er ihr in die Küche. Auf einer karierten Tischdecke standen zwei Teller und Gläser. Im Fenster brannte eine Petroleumlampe. Er setzte sich schwerfällig. Eva stellte einen Eintopf auf den Tisch, von dem ihm ein würziger Geruch in die Nase stieg.

»Vietnamesischer Rindereintopf mit viel Chili. Seine Wurzeln soll man schließlich pflegen.«

Sie häufte eine große Portion Reis, Fleisch und Gemüse auf seinen Teller und schenkte ihm Wein ein.

»Du kommst aus Vietnam?«, fragte Jonny.

»Ja.«

»Wurdest du adoptiert?«

Sie nickte, doch bevor er weiterfragen konnte, wechselte sie das Thema.

»Warum bist du eigentlich Polizist geworden, Jonny?«

»Das ist eine gute Frage …«, antwortete er vage.

»Ich wundere mich nur. Du entsprichst nicht gerade dem typischen Bild eines Polizisten, um es mal so auszudrücken.«

»Nicht?«

»Nein.«

Jonny probierte den Eintopf. Er brannte auf der Zunge. Dann antwortete er mit einer Ehrlichkeit, die ihn selbst überraschte.

»Ich habe mich für eine Seite entschlossen.«

»Inwiefern?«

Jonny dachte an das Kribbeln in den Fingern. Er hatte es schon früh gespürt. Und die falsche Verführerin hatte ihn umgarnt, solange er zurückdenken konnte. Die dunklen Kräfte hatten an ihm gezerrt.

»Versprich mir, nicht zu lachen!«

»Ich verspreche es.«

»Es klingt wahrscheinlich merkwürdig, aber als Jugendlicher bin ich auf die schiefe Bahn geraten. Ich war dabei, ein richtiger Gangster zu werden.

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