Streckstrump-Satchmo by Demant Peter

Autor:Demant, Peter [Demant, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller, anAndyL, amazon
Herausgeber: Quadratkreis Autorenverlag, Rösrath
veröffentlicht: 2013-12-03T23:00:00+00:00

12. Köln, Eigelsteinviertel

Kaum hatte die Frau mit dem getönten Teint die Klingel im Eingangsbereich des Altbaus im Straßenzug Unter Krahnenbäumen / Dagobertstraße irgendwo nahe St. Kunibert, Musikhochschule und dem Marienhospital betätigt, ertönte ein Summen. Die wenigen verbliebenen Bäume der betonierten Stadt zeigten erstes zartes Grün und sorgten für einen Rest Naturgefühl. Das einst lebenswerte Veedel wurde während des zweiten Weltkriegs weitgehend zerstört. Die Nord-Süd-Fahrt zerschnitt es wie auch die gesamte Innenstadt, den Kern Kölns, und zerteilte es auf genau die unvergleichliche Art und Weise, zu der die städtische Mediokratie fähig war. UKB, wie sie kurz genannt wurde, grenzte an das herunter gekommene Eigelsteinviertel.

Sie drückte zögernd gegen die massive Holztür. „Vierte Etage rechts“, krächzte eine Stimme aus dem verwitterten Tableau einer Gegensprechanlage. Sie fasste die mitgeführte Plastiktüte fester und begab sich auf die Steintreppe. Schwer atmend langte sie im Obergeschoss an. Zwei Türen. Die rechte stand einen Spalt offen. Sie klopfte zaghaft. Keine Antwort. Sie drückte die Tür vorsichtig auf und blickte in einen kurzen Flur. „Kommen Sie herein, Dolores, und schließen Sie die Tür“, erklang eine heisere Stimme aus der Tiefe der Räume. „Sie können an der Garderobe rechts Ihre Sachen ablegen. Ich bin im Wohnzimmer nebenan. Fangen Sie einfach mit Ihrem Programm an.“

„Ich kassiere immer vorher“, gab sie zurück.

„Ja, schon gut, neben dem Telefon. Da auf dem Schränkchen. Da liegen erst mal hundertfünfzig. Das ist doch der Basistarif, nicht wahr?“

Die Brasilianerin entledigte sich ihres Mantels. Ihre Oberbekleidung folgte. Sie trug, wie vereinbart, dottergelbe Unterwäsche mit Strapsen und Spitzenseidenstrümpfen. Aus der Tüte holte sie gleichfarbene Highheels, einen Staubwedel, Schwamm, Fensterleder, Scheibenwischer, schlüpfte in die Schuhe, streifte die kurze, klatschmohnrote Schürze über den Kopf, band sie hinter dem Rücken und rief: „Wo ist Eimer?“

„In der Küche, auf der Spüle, neben dem ‚General’“, kam es zurück.

Sie füllte einige Liter heißes Wasser in den Eimer, schüttete eine Kappe des Reinigungsmittels hinein und tänzelte in den Wohnraum.

Der Mann im roten Ledersessel trug Shorts und ein verwaschenes blaues NYPD-T-Shirt, hielt ein Schnapsglas in der Hand und starrte über eine randlose Brille. Seine Füße waren nackt. Mit dem Kopf nickte er Richtung Fenster. Die Hausgehilfin verstand, zog die Gardine beiseite, stieg auf die offensichtlich für sie bereit gestellte Trittleiter, drehte ihm die Rückseite zu und begann in sanften, runden Bewegungen, das Fenster zu streicheln. Ihre Hüften wiegten sich im Takt einer lautlosen Rumba. Ab und an drehte sie sich so in die Helligkeit, dass sich ihre vollendeten Formen gegen das Licht abhoben. Der Auftraggeber spürte Trockenheit in der Kehle. Er spülte rasch einen Schluck herunter. „Jetzt – Staub wischen. Da, am Schrank.“ Das etwa drei Meter lange und deckenhohe Möbelstück enthielt Bücher, eine Glasvitrine undefinierbaren Inhalts, von dem sie vergeblich hoffte, ihn nicht abstauben zu müssen, einen altertümlichen Fernseher, eine Stereoanlage und stand etwa zwei Meter von dem Wohnungsinhaber entfernt. Der rutschte unruhig hin und her. Seine Shorts beulten sich immer stärker aus. Sie beugte sich fordernd bis auf den Fußboden und drehte ihm ihre Rückansicht zu. „Und jetzt das Schlagzeug. Dann noch Staub saugen, dann ist es genug“, stöhnte der Zuschauer nach etwa einer Stunde.

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