Sherlock Holmes und das Phantom der Oper by Nicholas Meyer

Sherlock Holmes und das Phantom der Oper by Nicholas Meyer

Autor:Nicholas Meyer [Meyer, Nicholas]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Krimi
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 0100-12-31T23:00:00+00:00


KAPITEL ZEHN

Rezitativ

»Ich hätte besser daran getan, Sie zu meinem eigenen Schutz zu engagieren.«

»Noch nie in meinem Leben habe ich so versagt.«

»Ich bin genausowenig frei von Schuld wie Sie.«

»Ein schönes Paar sind wir.«

Dieses bittere Gespräch fand in Miss Adlers Suite im Grand Hôtel de Paris gegenüber der Oper statt.

Es war am Morgen nach der Tragödie, und sie packte für Amsterdam.

Die jüngsten Ausgaben der städtischen Zeitungen, wie Le Matin, Le Monde und Le Figaro, waren alle voll von schaurigen Einzelheiten über die Ereignisse der vergangenen Nacht. Zweifellos haben auch die englischen Zeitungen über die Katastrophe berichtet, und Sie werden vielleicht selbst davon gelesen haben, Watson: siebenundzwanzig Menschen tot, zweiundfünfzig verletzt, unzählige mußten wegen Schock behandelt werden, und die Opéra von Prozessen überflutet.

Der Schaden im Parkett wurde schnellsten repariert und sollte, so versicherten die neuen Direktoren der Öffentlichkeit, ausreichend instand gesetzt sein, um bei der Operngala im Anschluß an den Maskenball wieder benutzbar zu sein; der große Ball sollte wie geplant stattfinden. Die Direktion bedauerte den schrecklichen Unfall, war aber natürlich für ein Unglück, das sich am ersten Tag ihrer Amtszeit ereignete, nicht verantwortlich zu machen. Ein neuer Kronleuchter würde schon bald, etc., etc.

Ich wußte, daß Madame Giry bereits wieder auf ihrem alten Posten war. Und ich bezweifelte, daß die Direktoren jemals wieder auch nur in die Nähe der Loge fünf gehen würden, und gewiß hatte ›Nobody‹ einen Vorschuß auf seine monatlichen zwanzigtausend Francs erhalten.

Überseekoffer, Handgepäckstücke und Kisten der verschiedensten Größen und Macharten lagen überall in der Suite verstreut, während Irene Adlers Zofe hin und her trottete, um sie nach den Anweisungen ihrer Herrin zu füllen.

Selten in meinem Leben, Watson, habe ich mich so schuldig gefühlt, so furchtbar begriffsstutzig.

»Sie tun sich Unrecht«, beharrte Irene Adler, als ich diesen Gefühlen mehrfach Ausdruck verlieh. »Wie hätten Sie denn so etwas vorhersehen können, und wie hätten Sie diese Menschen vor ihrem Schicksal warnen sollen?«

»Ich hätte besser doch die Polizei hinzugezogen.«

»Dort hätte man Ihnen nicht geglaubt, und hätten Sie versucht, Ihre wahre Identität zu offenbaren, wären Sie möglicherweise für verrückt erklärt und eingesperrt worden.«

Ihre vernünftigen Überlegungen verliefen in den gleichen Bahnen wie meine eigenen, das stimmte, aber im Augenblick konnte ich dieser Tatsache nichts Tröstliches abgewinnen.

»Ich bin geschlagen worden.«

»Ich denke, Sie haben auch früher schon manch eine Schlacht verloren«, sagte sie ohne eine Spur von Koketterie. »und trotzdem haben Sie den Krieg schließlich doch gewonnen.«

»Aber was auch immer ich tue, ich kann diese unschuldigen Menschen nicht wieder lebendig machen«, konterte ich düster.

»Auf der anderen Seite«, bemerkte sie trocken, »haben Sie mir das Leben gerettet. Das ist doch auch ein gewisser Verdienst, wenn auch vielleicht nur ein kleines.«

Ich blickte auf und sah einen verletzten Ausdruck auf ihrem Gesicht; es war das zweite Mal in zwei Tagen, daß ihr Gesicht etwas anderes zeigte als seinen üblichen Ausdruck belustigter Distanziertheit. Ich spürte, wie der Beginn eines neuen Kopfschmerzes an meine Schläfen pochte. Unerklärlich, Watson, da Sie doch wissen, wie selten ich davon heimgesucht werde.*

»Bitte, vergeben Sie mir, wenn meine Bemerkungen zu heftig waren«, sagte ich demütig. »Ich danke Gott, daß Ihnen nichts zugestoßen ist.



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