Schwere Wetter by Nygaard Hannes

Schwere Wetter by Nygaard Hannes

Autor:Nygaard, Hannes [Nygaard, Hannes]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
ISBN: 9783863580681
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Obwohl das immer noch schlechte Wetter alles in ein trübes Grau kleidete und die wenigen Blätter, die sonst eine Ahnung des herbstlichen Farbfeuerwerks verbreiteten, eher trist an den Ästen hingen, empfand Lüder es immer wieder als reizvoll, über Land zu fahren, fernab der Autobahnen Gegenden zu durchstreifen, die der eilige Reisende nicht zu Gesicht bekommt. Er fühlte sich nahezu entspannt, als er den Naturpark Aukrug durchquerte. Er musste sogar ein wenig lächeln, als er an Begriffe wie »Hungriger Wolf« und »Langer Peter« dachte. »Hungriger Wolf« lautete der Name eines ehemaligen Militärflugplatzes nahe Itzehoe, während der »Lange Peter« eine Straße in der Kreisstadt war.

Nicht weit entfernt, in Kellinghusen, war Lüder groß geworden. Dort wohnten noch heute seine Eltern. Und wenn die jungen Leute damals »etwas erleben« und der Enge der überschaubaren Kleinstadt entfliehen wollten, dann fuhren sie nach Itzehoe.

Lüder umfuhr das Stadtzentrum und steuerte Richtung Norden. Er war nicht überrascht, dass man hier immer noch baute. Es waren zwar keine Arbeiter zu sehen, aber die Baustelle wurde von der »Verwaltung« sorgfältig gehegt und gepflegt. Angeblich hatte man das Vorhaben zurückstellen müssen, weil irgendjemand vergessen hatte, das Gewerk europaweit auszuschreiben. Das Bürokratiemonster streckte überall seine Fangarme aus. Nur in der neuen Cyberwelt lief vieles schneller, als man es sich vorstellen konnte. Damit kehrten seine Gedanken zu seinem Auftrag zurück.

Lüder fädelte sich auf die Autobahn Richtung Norden ein und verließ sie bereits an der nächsten Abfahrt Itzehoe Nord, an der ein Schild auf das »Innovationszentrum Krankenhaus« hinwies. Er wusste, dass damit zwei unterschiedliche Institutionen gemeint waren. Dennoch klang es missverständlich, als würde man auf ein experimentierfreudiges Hospital verweisen wollen.

Nur wenige Meter hinter der Abfahrt lag – mitten auf der grünen Wiese – das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie. Fast nebenan stand ein Neubau, der auf den ersten Blick futuristisch wirkte und nur aus verspiegeltem Glas zu bestehen schien. Das Haus wies eine merkwürdige, nicht symmetrische Form auf. Mit ein wenig Phantasie konnte man sich vorstellen, dass es einen Diamanten darstellen sollte. Ein interessanter Vergleich, dachte Lüder, schien das IT-Business doch eine wahre Goldgrube zu sein.

Die Betreiber wollten mit ihrem geschäftlichen Erfolg aber offensichtlich nicht protzen. Nirgendwo fand er einen Hinweis auf den Namen des Eigentümers.

Als er sich dem Eingangsbereich näherte, summte es leise, eine Tür glitt zur Seite und gab den Zutritt zu einem Foyer frei, das ein Innenarchitekt aus einem Science-Fiction-Film entlehnt zu haben schien. Hinter einer Glaswand saß eine junge Frau, die mittels einer Gegensprechanlage Kontakt zu ihm aufnahm.

»Lüder. Polizei Kiel. Ich möchte gern mit der Geschäftsleitung sprechen.«

»Darf ich Ihren Personalausweis haben?«, fragte die Frau im Gegenzug. In der Glaswand öffnete sich eine Klappe und gab eine Schublade frei.

»Meinen Dienstausweis«, sagte Lüder und legte das Dokument in das Fach, das sofort wieder in der Wand verschwand.

»Einen Moment bitte«, sagte die Frau.

Nach wenigen Minuten glitt ein Teil der Glasfläche zur Seite, und eine Frau balancierte auf einem Tablett eine Stempelkanne mit Kaffee, eine Designertasse und Zubehör.

»Bitte«, sagte sie, lächelte und stellte es auf dem kleinen Tisch ab. Dann verschwand sie wieder durch die Wandöffnung.

Lüder betrachtete die Sitzmöglichkeiten nachdenklich.



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